(IRS) … lautet der Titel des Buches, in dem mein Vater, Ing. Rudolf Sonnek, Konstrukteur, Erfinder, Patentinhaber, Unternehmer und Träger von Auszeichnungen, seine bewegten und bewegenden Lebenserfahrungen niedergelegt hat. Den Text hat er eigenhändig verfasst, das Buch wurde von einer guten Druckerei angefertigt. Auf Hochglanzpapier, mit Schutzumschlag, wie es sich halt gehört und in kleiner Auflage, bestimmt nur für die Familie. Die Exemplare hat er mit persönlicher Widmung versehen und an Kinder und Enkelkinder verteilt. Vor fast genau zehn Jahren ist er verstorben, genau heute wäre er hundert Jahre alt geworden.
Ein oft unfreiwillig abwechslungsreiches Leben
Geboren in der Zwischenkriegszeit, Erfahrungen mit Mangel, Not, ja Armut, Härte, aber auch Erlebnis von familiärem Zusammenhalt und gegenseitiger Hilfe, Besuch der Bulme, mit achtzehn in den Kriegsdienst, Kampfeinsätze, Gefangenschaft, Rheinwiesenlager, Flucht, Heimkehr, Schulabschluss. Heirat, Hausbau, erste Arbeit als Beruf als Berufsschullehrer, dann Konstrukteur im Elektromaschinenbau der Elin Weiz, anfangs Arbeit auch am Samstag, dazu noch Überstunden, später verantwortliche Stellung im Dampfturbinenbau, Sprung in die Selbständigkeit, Aufbau und Expansion eines eigenen Unternehmens, Übergabe, Ruhestand.
Immer den Blick nach vorne gerichtet …
Es gibt wohl kaum Jugendliche, die nicht ihre Konflikte mit der Elterngeneration ausgetragen haben, ich war keine Ausnahme. Was aber in den Fünfzigern und Sechzigern ganz anders war als heute: Trotz allen erlittenen Ungemachs – oder vielleicht auch gerade deswegen – hatten Vater, Mutter, Nachbarn, Verwandte und Bekannte in der weit überwiegenden Mehrheit einen positiven erwartungsvollen Ausblick in die Zukunft. „Es wird uns einmal besser gehen“ oder öfter noch „Ihr sollt es einmal besser haben“ waren oft gehörte Sätze, trotz der damals schon dräuenden internationalen politischen Konflikte einschließlich Drohungen mit Atombomben.
… aber nicht vergessen, woher wir kommen
Der doch sehr beachtliche Umfang einer Verwandtschaft mit allen Onkeln und Tanten muss irgendwann auch dazu führen, dass die Frage „Woher kommen wir?“ nach einer Antwort sucht. Mein Vater hat dies auf sehr kontinuierliche Weise getan, was sich schließlich als spannende Angelegenheit erwies. Sein Groß- und somit mein Urgroßvater stammte aus Iglau in Mähren, hatte im Dienst der k.u. k.-Marine Lebensbedrohliches durchlebt und sich danach in steirischen Gefilden niedergelassen. Mein Vater konnte viel über andere mögliche Vorfahren herausfinden und berichten, er war immer ein hervorragender Erzähler.
Erfolgreicher Unternehmer und Geschäftsmann
Schon als Angestellter verfolgte er den Plan, selbständig zu werden. Er war in seinen Zielen unbeirrbar, ausdauernd und gab (fast) nie auf. Wenn etwas gar nicht ging, hatte er eine Alternative. Die ersten Jahre waren hart, für ihn, aber auch für die Familie. Aber auch als sich die ersten Erfolge einstellten, blieb er am Boden, behielt immer einen realistischen und durchaus kritischen Blick auf die Situation. Dennoch – Erfolge wusste er zu feiern. Er ließ uns seine Gedanken, vor allem seine Überlegungen mitverfolgen, sodass wir Kinder davon schon in unserer Jugendzeit viel unternehmerisches Denken mitbekamen. Und natürlich auch später in der Zusammenarbeit im gemeinsamen Unternehmen.
Ein begnadeter Techniker
Auf Reisen, auch in Familienurlauben, durften folgende Requisiten nie fehlen: Ein Stapel kariertes Papier im Doppelbogenformat und ausreichend Bleistifte. Zumeist kam er mit einem Konvolut Skizzen und Beschreibungen aus dem Urlaub zurück, die – wieder im Büro in – in Patentanmeldungen mündeten. Sein technisches Credo, was Maschinen betraf: Alle Lösungen möglichst einfach, unkonventionell, notfalls gegen jedes „normale“ Denken, jedenfalls den Mitbewerbern voraus. Produktentwicklung auf Skizzen, Zusammenbau in der Werkstatt, Testen. Wenn’s funktioniert, zurück ins Büro, Zeichnungen anfertigen. Komplett anders als ich’s auf der damaligen Technischen Hochschule mitbekommen hatte …
Verantwortung für die Gesellschaft
Ich erinnere mich heute noch an ein Gespräch – ich denke, es war am Mittagstisch – in dem Vater uns zwei Kinder eindringlich daran erinnerte, dass wir nicht nur für uns selbst und unsere Angehörigen da sein sollen, sondern dass wir auch für die Gemeinschaft einen Teil unserer Zeit geben müssen, und zwar ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Er ist mit gutem Beispiel vorangegangen. Das hat schließlich dazu geführt, dass meine Schwester sich viele Jahre in der Gemeinde- und Landespolitik engagiert hat und ich selbst in der Kammerpolitik, erst in der Handels-(und heutigen Wirtschafts-)kammer und später in der Ziviltechnikerkammer.
Unbezahlbarer (und unbezahlter) Ratgeber
In seinen letzten beiden Jahrzehnten war mir mein Vater ein wertvoller Ratgeber. Meine Probleme oder Fragen technischer Art oder solche, die mit meiner Gutachtertätigkeit zu tun hatten, hat er sich mit großer Geduld angehört. Er hat sich alles erklären lassen und wenn nötig rückgefragt. Er hat sich ausreichend Zeit genommen, nachzudenken und zu überlegen. Er hat auch nicht viel herumdiskutiert. Seine Antworten waren meistens recht kurz, etwa in der Art „Ist eine gute Sache!“ oder aber „Ich tät’s nicht!“ Das hat mir genügt. Denn fast immer war es eine Bestätigung dessen, was mir auch schon schwante, dessen ich mir aber nicht ganz sicher war …
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