Zugegeben, dieser Titel klingt ein bisschen nach Wissenschaft oder zumindest nach Pseudo-Wissenschaft. Mit ihm ist jedoch keinerlei Anspruch darauf verbunden. Worum es hier geht, hat mit Bestandteilen unserer Persönlichkeit zu tun. Genauer gesagt mit dem, was wir in unserem Innersten sind und mit dem, was wir tagaus tagein so machen, vor allem in beruflicher Hinsicht. Er hat damit zu tun, dass uns der Beruf in eine bestimmte Richtung zieht, unser Innerstes – oder unsere Berufung – in eine andere. Den Winkel zwischen beiden Richtungen sei hier als Frustrationswinkel definiert.
Jeder Mensch ist allein schon vom Äußerlichen her einzigartig, in anderen Worten ein echtes Original, einmalig in vielerlei Hinsicht. Aber auch von der inneren, etwa von der charakterlichen Veranlagung her gibt es starke Unterschiede, was zum Beispiel jeder, der Kinder hat, an seinen Sprösslingen leicht feststellen kann. Die besondere Prägung unserer Persönlichkeit – bestimmt teils durch genetische, teils durch umweltbestimmte Einflüsse – formt sich in uns zu bestimmten Talenten und Begabungen. Es macht uns Freude, sich in diesen Talent- und Begabungsfeldern bewegen zu können.
„Excellence“
Das ist alles recht trivial. Was aber auffällt ist, dass der Förderung oder wenigstens der Beachtung von Begabungen und Talenten wenig, vielleicht zu wenig Beachtung geschenkt wird, sowohl in der Schullaufbahn, als auch später in der Berufswahl und im Berufsleben. Gewiss, es gibt Initiativen in einzelnen Schulen oder Schulversuchen, man bemüht sich vielleicht auch um Hochbegabte. Manches ist wahrscheinlich auch nur gut gemeinte Verhübschung, etwa wenn eine ganz normale Lehrlings-Ausbildungsstätte einmal gleich zum „Center of Excellence“ erhoben wird.
Die Rolle kann entscheidend sein
Für Unternehmer und Selbständige ist es eine der Grundvoraussetzungen für nachhaltigen Erfolg, dass sie nur in den Rollen und Fachgebieten dauerhaften Erfolg haben können, die sich mit ihren Talenten und Begabungen decken. Der Begriff Rolle ist bewusst gewählt, denn ein Techniker kann etwa in der Rolle eines Konstrukteurs durchaus erfolgreich sein, seine – wenn man so will – wahre Bestimmung findet er vielleicht dann, wenn er gerne mit vielen Menschen zu tun hat, also eher ein guter Verkäufer sein wird und dort echte Erfüllung und Freude findet.
Sinnfrage
Auch bei Unselbständigen wird es sehr oft der Fall sein, dass der erste Berufseinsatz noch in eine Richtung zeigt, die noch deutlich in eine Richtung zeigt, die nicht mit der übereinstimmt, die Talenten und Begabungen entspricht. Jeder Angestellte in dieser Situation wird ein gewisses Maß an Unzufriedenheit empfinden und sich bewusst oder unbewusst in die Richtung der Talente bewegen. Die Gefahr kann darin bestehen, dass eine gutbezahlte Berufstätigkeit den „Frustwinkel“ überdeckt, bis zu dem Zeitpunkt, dass – oft aus Erschöpfung – die Sinnfrage gestellt wird.
Ausweg in die Selbständigkeit
Wer die Aufgabe hat, solche Menschen auf ihrem Schritt aus einem Unternehmen heraus in die Selbständigkeit zu begleiten, bekommt auch das Maß an Erleichterung mit, das sie empfinden. Diese Leute kommen oft aus dem mittleren bis höheren Management von Industriebetrieben und haben Situationen erlebt und verkraften müssen, die nicht nur für sie selbst, sondern auch für deren Familien belastend waren. Die Freude über die Entscheidung überwiegt in hohem Maße den Respekt vor dem Risiko, das ein Übertritt in die Welt der Selbständigkeit mit sich bringt. Jedoch: Wohl keiner hat im Nachhinein diesen Schritt bedauert.
Suche nach der Lebensaufgabe
Erfahrungsgemäß ist mit dem Schritt in die Selbständigkeit aber keineswegs die Suche nach der „Lebensaufgabe“ beendet. Es wird immer wieder Neues und trotz fortschreitenden Alters noch Unbekanntes hochkommen, das dazu führt, dass sich das Tätigkeitsfeld verändert. Aus dem früheren Konstrukteur und dem späteren Abteilungsleiter ist mittlerweile vielleicht ein Berater und Experte geworden, den bisher unbekannte Klienten schätzen. Trotzdem: Auch dann noch wird er innerlich immer noch mit einem Ziel beschäftigt sein: Mit der Minimierung des Frustrationswinkels.
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