„Erneuerbare Energie ja, aber bitte nicht vor meiner Haustür!“ – Dieses Statement kennen viele Planer schon aus den letzten Jahrzehnten, wenn an bestimmten Orten etwa die Errichtung eines Biomasse-Heizwerks geplant war. Nicht anders verhält sich die Situation derzeit in der Steiermark rund um den geplanten Solarspeicher und das Heizwerk samt großflächigem Solarpark nahe Wildon. Vielleicht kommen künftig auch noch Widerstände dazu gegen die erforderlichen Fernwärmetrassen, die von beabsichtigten Geothermie-Bohrungen in der Oststeiermark in das Wärmeversorgungsnetz der Stadt Graz führen sollen.
Erneuerbare Energie braucht ihren Platz
Und zwar recht viel Platz. Das ist offensichtlich bei einer Großanlage wie der im Photovoltaik-Park in Bärnbach und Rosental an der Kainach, die sich über 20 Hektar flachen Landes erstreckt. Aber auch die heute üblichen Windkraftanlagen erfordern ausreichende Abstände untereinander und – was besonders im alpinen Bereich negativ auffällt – extra breite und zum Teil landschaftsverändernde Zufahrtsstraßen für deren Errichtung. Biomasse-Heizwerke benötigen zwar weniger Fläche, verursachen aber Emissionen. Auch wenn letztere kaum gefährlich sind, versucht man, diese Heizwerke möglichst mit Abstand zu Wohnsiedlungen zu errichten.
Eine neue Sichtweise auf das Wesen von Energie
Es war wieder einmal der kanadische Universitätsprofessor tschechischer Abstammung Vaclav Smil, der sich als erster breitenwirksam mit dem Begriff der Energiedichte beschäftigt und darüber ein Buch geschrieben hat mit dem Titel „Power Density: A Key to Understanding Energy Sources and Uses” (Frei übersetzt etwa „Energiedichte: Ein Schlüssel zum Verständnis von Energiequellen und deren Verwendung“). Vaclav Smil ist bekannt dafür, Themen – darunter besonders solche, die Energie betreffen – aus neuen Gesichtswinkeln zu betrachten und dadurch oft verblüffende Zusammenhänge offenzulegen.
Der Begriff der Energiedichte
Darunter versteht man bei Energieerzeugern die abgegebene Leistung bezogen auf die Grundfläche, die deren Anlagen benötigen. Der Wert für die Energiedichte wird dargestellt in der Dimension Watt pro Quadratmeter (W/m²). Er ist zunächst von Interesse für Anwendungen der Erneuerbaren Energie und für Vergleiche zueinander. Bei Fotovoltaik-Anlagen wird das gesamte Areal betrachtet, bei Windkraftanlagen auch die benötigte Fläche einschließlich erforderlicher Abstände zueinander und zu sonstigen Hindernissen. Zu beachten ist dabei, dass gebäudeintegrierte Solaranlagen ihren Platzbedarf innerhalb der Gebäudegrenzen finden.
Es gilt: Je höher der Wert, desto besser
Das deshalb, weil daraus in erster Näherung zu schließen ist, dass geringere Investitionskosten und höhere Energieerträge erwartet werden dürfen. Absolute Zahlenwerte allein haben aber wiederum wenig Aussagekraft, viel interessanter ist hingegen der Vergleich erneuerbarer Energiearten untereinander: Am günstigsten fährt man nach der Darstellung von Smil mit solarer Warmwasserbereitung, gefolgt von Wärmepumpen, danach folgt Photovoltaik an Gebäudedächern. Deutlich abgeschlagen folgen Photovoltaik-Farmen oder -parks, erst dahinter liegen Windkraftanlagen.
Wieviel höher sind die Energiedichten konventioneller Energieerzeugung?
Wo liegen im Vergleich dazu die Energiedichten konventioneller Energieerzeugung, sprich aus Kohle, Erdöl, Erdgas und Kernkraft? Smil stellt hier wieder einen Vergleich an: Im Verhältnis zu erneuerbaren Energien sind die Energiedichten konventioneller Brennstoffe um den Faktor einhundert bis einhunderttausend höher! Das bedeutet: Wollte man die gegenwärtig angezapften konventionellen Energiequellen durch erneuerbare ersetzen, müsste Land in der Größenordnung des Hundertfachen bis zum Hunderttausendfachen der gegenwärtig mit konventioneller Energieerzeugung belegten Flächen zur Verfügung stehen.
Ist eine vollständige Transformation auf erneuerbare Energie möglich?
Vereinfacht gesagt: Nein. In Stadtstaaten wie Singapur oder in dicht besiedelten Ländern wie den Niederlanden ist das von vornherein nicht möglich. Aber selbst großflächige Länder würden sich schwertun, für erneuerbare Energien jene Flächen zur Verfügung zu stellen, die zur Deckung auch nur eines Drittels des gesamten Energiebedarfs erforderlich wären. – Was sagt uns das alles? Erstens: Wir sehen uns vor zunehmenden gesellschaftlichen Konflikten, was die Beschaffung weiterer Energieflächen betrifft. Zweitens: Wir müssen uns entscheiden, ob und wie weit unverbauter Lebensraum oder erneuerbare Energieversorgung Vorrang haben sollen.
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