Sonnek

Sitze

Sieht man von dem Zeitgeist geschuldeten Umweltbedenken ab, scheint das Fliegen heute keine besondere Sache zu sein. Der früher eher exklusive Weg auch zu weit entfernten Destinationen ist schon lange für breite Schichten leistbar, womit sich der Lufttransport mehr und mehr der Routine und Alltäglichkeit üblicher Transportarten angenähert hat. Was bedeutet, dass man den beabsichtigten Ortswechsel etwa zur Ferieninsel per Luftfahrzeug eher notgedrungen auf sich nimmt. – Wer aber mehrere Jahrzehnte zurückblicken kann, kommt nicht umhin, deutliche Änderungen zu registrieren, zumindest was Sichtweisen und Äußerlichkeiten betrifft.

Die folgenden Gedankenfetzen sind nicht dazu bestimmt, nostalgische Gefühle oder gar Sehnsüchte an eine vergangene Ära zu wecken, dazu besteht wahrlich kein Anlass. Das allein schon deswegen, weil der Luftverkehr heute trotz vielfacher Steigerung mehr Sicherheit bieten kann als jemals zuvor, hauptsächlich wegen besserer Technik am Boden und in der Luft. An den Flugzeugen selbst hat sich für den Nichttechniker äußerlich nicht allzu viel geändert, wohl aber für den Informierten: Die Marke Airbus, die heute einen wesentlichen Anteil der weltweiten Luftflotten stellt, war vor Jahrzehnten noch nicht existent, damals dominierten neben Boeing noch Maschinen der Fabrikate McDonnell-Douglass und Lockheed.

Die Klientel ist etwas anders geworden

Ein augenscheinlich wesentlicher Anteil von Flugreisenden wurde in früheren Zeiten von Geschäftsleuten gestellt. Die waren allesamt leicht erkennbar an Anzug, Krawatte und Leder- oder „Piloten“-Koffer, eine menschliche Spezies, die heute wegen des äußerlich wesentlich lockereren Umgangs mit Kleiderordnungen weitgehend verschwunden ist. Dominierende Gepäckstücke der „Business-People“ sind heute Rucksack mit Notebook und – wenn schon nötig – irgendeine Art Rollkoffer. Und natürlich fällt auf: Mobiltelefone als Kommunikations- und Informationswerkzeug waren vor Jahrzehnten auch noch eine Sache der Zukunft. Heute: Durchwegs leger gekleidete Klientel, Handy stets parat.

Wo sind die Zeitungen geblieben?

Apropos Information: Wo sind sie hin, die Stapel an deutsch- und fremdsprachigen Tageszeitungen, Zeitschriften und Journalen, die beim Einstieg für den wohlinformierten Zeitgenossen bereitlagen? Großformate wie Financial Times, Wochenzeitungen wie Newsweek, oder Spiegel, an den Vorlieben der Leserschaft konnte man abschätzen, mit wem oder welcher Profession man es mit dem einen oder der anderen der Umsitzenden zu tun hatte. Alles nicht mehr nötig? Aus Mangel an Interesse eingestellt? Oder bloß der Effizienz geopfert? Jedenfalls erspart man sich das Chaos der zurückgelassenen Papierstapel … Kleine Einschränkung: Lufthansa hält nach wie vor Zeitungen bereit, allerdings nur am Flughafen in der Nähe von Gates, so z. B. in München.

Speisen und Getränke? Nein, nur ein Schluck und ein Biss

Auch die Verpflegung oder das, was an Snacks und Erfrischung während der Mittelstrecken-Flüge angeboten wird, ist eher karg geworden. Ein Fläschchen Mineralwasser und ein Keks, vielleicht sogar ein Stück Schokolade, mehr ist nicht drin. Ja, Kaffee gibt es schon und sonstige Getränke oder kleine Speisen, aber das kostet halt was – Kartenzahlung bitte! – Ein kleiner Ausrutscher in Nostalgie sei hier aber erlaubt: Zürich – Graz im Jet der „Styrian“ vor langer Zeit: Gutes kleines Essen mit Kernöl-Salat, serviert im Porzellan-Geschirr, Stoffservietten etc., samt einem Gläschen Bier oder Wein, großzügig also, aber vielleicht mit ein kleiner Grund für die spätere Pleite.

Professionalität der Akteure

Gleichgeblieben ist in meinen Augen die hohe Professionalität des fliegenden Personals, angefangen von den Kapitänen und Ersten Offizieren bis hinunter zu den einfachsten Flugbegleitern. Sie verdienen höchste Anerkennung, despektierliche Bezeichnungen wie „Saftschubse“ für eine hart arbeitende Stewardess sind nicht angebracht. Ausnahmen gibt es auch hier: In Erinnerung bleibt eine mittelalterliche Dame auf einem Flug in den US-Südstaaten, deren im Dialekt vorgebrachte Anordnung auch nach mehrmaliger Wiederholung nicht zu entziffern war und die auch nicht gewillt oder in der Lage war, ihre Äußerung in gängiges Englisch zu übersetzen.

Ein bissl Nostalgie darf schon sein …

In den Siebziger-Jahren waren wie schon erwähnt Groß- und Großraum-Flugzeuge noch selten: Betreten der Maschine von Frankfurt nach Johannesburg, Suche nach dem richtigen Sitzplatz, die Aufforderung der Stewardess „Da gehen Sie mal fünfzig Meter zurück“ klang wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film. Der Nachtflug über die hell erleuchtete Akropolis in Athen, die ersten Lichter Afrikas, der Kilimandscharo in der aufgehenden Sonne, der Flug über eine Gartenlandschaft des damaligen wirtschaftlich blühenden Rhodesiens, die ersten Blicke auf die Abraumhalden der Goldbergwerke und letztlich auf die Townships, in denen einige Wochen später erste Unruhen ausbrechen sollten, die ein Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika zur Folge hatte …

Fazit

Diese Zeilen sind im Flugzeug und auf einem deutschen Flughafen zwischen England und Österreich entstanden, immer umgeben von anderen Passagieren, einmal in einem Airbus A 320 und dann in einer Embraer 195 (Wer hätte sich übrigens vor Jahren gedacht, dass Brasilianer einmal Verkehrsflugzeuge bauen, die erfolgreich international eingesetzt werden?). Nicht viel, aber ein bisschen was von der früheren Faszination bleibt immer noch bestehen, zumindest dann, wenn man unterwegs der Vielfalt der Menschen aus allen möglichen Nationen begegnet …

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