Sonnek

Frage

Es ist bemerkenswert, wie sehr unter Zeitgenossen die Überzeugung verbreitet ist, der Klimawandel sei allein durch das von der Menschheit ausgestoßene Kohlendioxid verursacht und das sei doch wissenschaftlich unzweifelhaft erwiesen. Des Weiteren könnten „Klimakrise“ und „Klimakatastrophe“ nur durch einschneidende politische und gesellschaftliche – sprich ideologisch fundierte – Änderungen vermieden werden. Und natürlich sei Verzicht angesagt, beim Fleischkonsum, bei Flugreisen, beim Autofahren, beim Energieverbrauch, beim Bodenverbrauch und so weiter.

Und natürlich seien Wissenschaft und Technik jetzt gefordert, praktikable Lösungen zur Eindämmung von Überflutungen, Dürren, Wirbelstürmen, Erdrutschen und dergleichen aufzuzeigen und umzusetzen, so etwa zur Abscheidung von Kohlendioxid aus industriellen Prozessen, aber auch aus der Umgebungsluft, koste es, was es wolle. – Es herrscht in einem guten Teil der Bevölkerung offenbar der Glaube, dass, wenn es dann ans Praktische geht, die Wissenschaft genau die richtigen Lösungen für die echten oder eingebildeten Probleme der Welt bringen wird.

Wissenschaftsaberglauben

Der deutsch-schweizerische Philosoph Karl Jaspers (1883 – 1969) hat den Begriff „Wissenschaftsaberglauben“ geprägt. Er verstand darunter den absoluten Glauben, dass die Wissenschaft einen festen Halt in allen Lebensbereichen und Sinn und Ziele für das menschliche Leben geben kann. Was – nicht nur nach Jaspers – natürlich eine Illusion ist. Dazu kommt noch, dass Wissenschaft nie wertfrei und nie total objektiv sein kann, weil sie von Menschen betrieben wird, die – wie halt alle Menschen – nie ganz frei sind von inneren Interessen und äußeren Einflüssen, sei es ideologischer, gesellschaftlicher oder materieller Art.

Wird „Die Wissenschaft“ einseitig?

In diesem Zusammenhang ist es schon interessant zu beobachten, wie sehr jene Wissenschaftler in den Medien präsent sind, die sich der Erzählung des menschgemachten Klimawandels verschrieben haben. Gegenteilige oder zweifelnde Meinungen kommen in den Mainstreammedien nicht vor, und wenn doch werden sie tendenziell „Schwurblern“ oder „Klimaleugnern“ zugeschrieben. Mitunter werden solche Kritiker – siehe Judith Curry – vorzeitig aus einer Forschungsanstalt in den Ruhestand gedrängt. Dass dem wissenschaftlichen Mainstream entgegenstehende Meinungen in einem derartigen Klima finanziell nicht gefördert werden, versteht sich dann schon von selbst.

Irrwege der Wissenschaft

Dass „Mainstream-Wissenschaft“ auf fürchterliche Weise daneben liegen kann, wissen wir vom österreichisch-ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis (1818 – 1865). Der Entdecker der Ursache des Kindbettfiebers in mangelnder Hygiene hatte lange Zeit gegen die Verächtlichmachung seiner richtigen und für Mütter lebensversichernden Erkenntnisse kämpfen müssen. Ein anderes Beispiel ist die Eugenik, auch als Erbgesundheitslehre bezeichnet, die von zahlreichen Gelehrten getragen wurde und die im „Dritten Reich“ zur Vernichtung „unwerten Lebens“ geführt hat. Auch diese Ideologie ist auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet.

Kritischer Blick auf die Wissenschaft

Weil vom „Dritten Reich“ die Rede war: Eine ihrer bestimmenden Ideologien bestand in der Pseudowissenschaft der „Rassenlehre“. Die deutsch-amerikanische Publizistin Hannah Arendt (1906 – 1975) setzte sich in ihrem Buch „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft – Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft“ auch intensiv mit Rassismus auseinander und warf in diesem Zusammenhang einen kritischen Blick auf die Rolle der Wissenschaft und dem Einfluss, dem Wissenschaftler in Bezug auf gängige Ideologien und Erwartungen der Öffentlichkeit ausgesetzt sind*:

Jede Ideologie ist eine politische Waffe gewesen, bevor sie zu einer theoretischen Doktrin entwickelt wurde. Dabei kann es passieren, dass die Ideologie ihren ursprünglichen politischen Gehalt ändert, und dies ist bei der Rassenideologie in der Tat der Fall; aber ohne den direkten Kontakt mit dem politischen Leben der Zeit und seinen zentralen Problemen kommt sie niemals aus. Ihr pseudowissenschaftlicher Aspekt ist sekundär und entstammt einmal dem allgemeinen Wissenschaftsaberglauben des 19. Jahrhunderts und andererseits einfach der Tatsache, dass Wissenschaftler dem Druck der öffentlichen Meinung und ihrer jeweiligen Überzeugungen nicht weniger ausgesetzt und manchmal für sie sogar anfälliger waren als irgendwer sonst.

Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts zeigen gerade Gelehrte und Forscher eine peinliche Neigung, sich aus der Stille ihrer Studierzimmer in das zu stürzen, was sie für das wirkliche Leben halten, um dort der Masse mit einem großen Aufwand an angeblich rein wissenschaftlichen Resultaten das zu predigen, was sie ohnehin glaubt. Auf diese Weise, und nicht auf dem Wege objektiver Forschung, dringen dann die ideologischen Kategorien ihrerseits auch in die wirkliche Wissenschaft, und von solchen Ideologisierungen ist heute nicht eine Disziplin, sei es der Natur- oder Geisteswissenschaften, wirklich frei.

Dies hat wiederum viele Historiker in ihrer Tendenz, die Naturwissenschaften für den Rassenunsinn verantwortlich zu machen, bestärkt und sie verführt, bestimmte philologische oder biologische „Forschungsresultate“ für die Ursachen statt für die Folgen der Rasseideologie zu halten. In Wahrheit liegen die Ursachen überall im Politischen und brauchten oft Jahrhunderte, um mit den Traditionen der Forschung selbst fertig zu werden und „Resultate“ zu produzieren, die bestimmten, politisch begründeten Überzeugungen entsprachen.

So hat die Lehre, dass „Macht Recht“ ist, vom 17. bis zum 19. Jahrhundert warten müssen, bis die Naturwissenschaften ihr mit einem biologischen Gesetz von der Erhaltung des Stärkeren aufwarten konnten. Hätten, um das gegenseitige Beispiel zu nehmen, Untergangstheorien der politischen Stimmung des 19. Jahrhunderts so entsprochen wie die Fortschrittsideologie, so hätte sich vermutlich die Theorie de Maistres und Schellings durchgesetzt, derzufolge wilde Stämme und barbarische Völker nicht der Beginn, sondern der Überrest großer Zivilisationen sind.

Unter solchen Umständen hätten wir wahrscheinlich nie etwas von den „Primitiven“ gehört, und kein Wissenschaftler wäre auf die Idee gekommen, dem „missing link“ zwischen Affe und Mensch nachzuforschen. Bei all diesen Sachverhalten kann es sich unmöglich darum handeln, die Wissenschaft als solche zu diffamieren;  deshalb aber darf man nicht außer Acht lassen, dass Wissenschaftler genauso wie alle anderen Menschen im politischen Gefüge der Zeit stehen und dass wir von einer Wissenschaft, die sich ohne die leider immer unzulänglichen Wissenschaftler behelfen könnte, noch nie etwas vernommen haben.

Fazit

Was die Erzählung vom menschgemachten Klimawandel und die Rolle des Kohlendioxid  betrifft, ist mittlerweile höchste Zeit, eine offene Diskussion über mögliche andere Ursachen zu führen. Das Unterdrücken jeglicher kritischer Stimme und die fehlende Diskussionsbereitschaft sind ansonsten ein klares Indiz dafür, dass es in der Diskussion um den Klimawandel nicht um Wissenschaft im klassischen Sinn geht, sondern dass hier nur eine Ideologie (oder im Sinne von Andy A. West: Eine Religion) durchgedrückt werden soll, die sich nicht entblödet, eine „indoktrinierte Masse“ zu erzeugen und diese zu gewünschten Verhaltensweisen hinzumanipulieren.

*) Das Zitat ist der 24. Auflage 2022 der Piper-Taschenbuchausgabe Seiten 354 bis 356 entnommen und wurde lediglich den aktuellen Rechtschreibregeln angepasst, Hervorhebungen in fett von Sonnek

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