Sonnek

SV

Es ist im Laufe der Jahre gar nicht so selten vorgekommen, dass mich Installateure – Firmeninhaber oder leitende Angestellte – kontaktiert und um sachverständige Unterstützung oder Hilfe ersucht haben. Die Gründe dafür waren vielfältig, zwei Muster der Anfragen waren aber charakteristisch: Einerseits ein drohender Rechtsstreit mit einem unzufriedenen Auftraggeber, andererseits ein seit längerem laufendes Gerichtsverfahren, das sich nicht zugunsten des Installateurs entwickelt hatte. In den gerichtsanhängigen Fällen war ein Rechtsanwalt mit im Gespräch.

Die Hilfesuchenden kamen meist ohne Umschweife zur Sache, meist sehr offen und schonungslos auch sich selbst gegenüber. Konkret bedeutete das, dass nach Schilderung der Sachverhalte und Umstände der aufgetretenen Probleme auch gleich ausführlich auf die eigenen Fehler und Säumnisse eingegangen wurde. Sehr oft waren es schließlich scheinbare Kleinigkeiten, die ein ansonsten bisher positiv verlaufendes Projekt auf eine Art schiefe Ebene brachten, in der es dann fast unvermeidlich Fahrt aufnahm und zum Eingang des zuständigen Gerichts schlitterte.

Geschäftswelt und Technik sind komplex

Dazu ist erstens anzumerken, dass die heutige Geschäftswelt doch schon sehr komplex geworden ist: Sie enthält jede Menge Stolpersteine und Fußangeln, einerseits vom Fachgebiet her, aber auch, was die Kundenbeziehungen angeht. Zweitens sind deshalb die Installateure von heute im Normalfall fachlich und organisatorisch sehr gut geschult, können gut erklären und auf Kunden eingehen und haben auch wirtschaftlichen Durchblick, denn sonst hätten sie gar nicht überlebt. Drittens stellt aber die technische Komplexität, ständige Erneuerung und Vielfalt der Haustechnik eine immense Herausforderung dar, in der auch bei bester Vorsorge manche Anforderungen erst dann zutage treten, wenn das Malheur schon passiert ist.

Enormes Potential an Wissen vorhanden

Zählt man all diese Faktoren zusammen, ist leicht zu erkennen, dass ein gestandener Installateur wie auch viele andere Handwerker einen Erfahrungsschatz ansammelt, der zusammen mit der umfangreichen Ausbildung – viele Installateure haben zum Beispiel einen HTL-Abschluss – ein beachtliches Potential an Wissen darstellt, das eine gute Grundlage für eine Tätigkeit als Sachverständiger ergibt. Wie aus Gesprächen mit diesen Leuten hervorgeht, sind sie sich der genannten Tatsachen durchaus bewusst und viele haben auch schon insgeheim oder offen mit der Sachverständigentätigkeit geliebäugelt. Aber der konkrete Schritt fehlt, weil zu wenig Zeit, weil vielleicht von der Persönlichkeit her doch nicht ganz geeignet etc., etc.

Ein Vorbereitungsseminars kann wegweisend sein

Letztlich fällt es mir leicht, einen dafür geeignet scheinenden Gesprächspartner zu überzeugen, dass er wenigstens ein Vorbereitungsseminar besuchen soll, in dem er mit wichtigen Grundzügen vertraut gemacht wird und in dem er auch Gleichgesinnte kennenlernen kann. Auch bekommt er direkten Kontakt mit den Vortragenden, die üblicherweise selbst ein Richteramt ausüben. Der zeitliche und finanzielle Aufwand für ein derartiges Seminar oder einen ähnlichen Kurs hält sich in Grenzen, selbst wenn der Betreffende sich entscheidet, nicht Sachverständiger zu werden. Was meiner Beobachtung nach eher selten der Fall sein dürfte.

Die Anzahl der Gerichtssachverständigen in Österreich ist rückläufig

Dass in der Justiz ständig neue Sachverständige gebraucht werden, liegt auf der Hand, schließlich ist menschliches Leben zeitlich begrenzt, es wäre zu erwarten, dass sich Zu- und Abgänge wenigstens die Waage halten. Interessanterweise ist dies in Österreich nicht der Fall: Über einen längeren Zeitraum hinweg betrachten ist  die Zahl der Sachverständigen gesunken, und zwar recht beträchtlich. Wenn ich mich recht erinnere, lag deren Zahl in der Sachverständigenliste der Justiz vor etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren bei etwa zehn- oder gar elftausend. Aktuell beträgt sie etwas über achttausend.

Mögliche Gründe für den Rückgang

Mir ist nicht bekannt, was die tatsächlichen Gründe für diesen Rückgang sind. Auf eine entsprechende Frage äußerte eine Richterin die Vermutung, dass insbesondere für medizinische Gutachten vielfach zu geringe Honorare üblich oder gesetzlich vorgeschrieben seien, zugleich aber die Verantwortung der ärztlichen Sachverständigen sehr hoch sei und auch das Risiko, wegen eines Gutachtens in einen Rechtsstreit gezogen zu werden. Dadurch sei zu erwarten, dass sich weniger Ärzte derartigen Gefahren aussetzen wollten. – Wie dies in anderen Fachgebieten aussieht, könne sie nicht sagen.

Aufruf zum Handeln

Nun, Klagen gegen Gutachten sind auch in der Haustechnik schon vorgekommen: In einem solchen Verfahren bin ich als Obergutachter bestellt worden, als Gutachter, der ein Gutachten zu begutachten hatte. Aber derlei Fälle dürften im genannten Fach nach meinem Eindruck sehr selten sein, jedenfalls lässt sich daraus kein Grund ableiten, das Metier zu scheuen. – Herr Installateur, denken Sie auch daran: Als Gerichtsgutachter kommt Ihnen in fachlichen Fragen des geschäftlichen Alltags automatisch erhöhte Glaubwürdigkeit zugute. Damit lassen sich gerichtliche Auseinandersetzungen von vornherein leichter vermeiden. Das ist im Geschäftsleben kein Nachteil. Also: Warum werden Sie nicht möglichst bald selbst Gerichtssachverständiger?

Comments are closed.

Copyright ©2012 Ing. R. Sonnek GmbH