Sonnek

Goldene Diplome

17.05.2024
50 Jahre

Es ist eine schöne Tradition an der Technischen Universität Graz (aber wahrscheinlich nicht nur dort), dass Absolventen fünfzig Jahre nach der Graduierung im Rahmen einer festlichen akademischen Feier ein „Goldenes Diplom“ überreicht wird. Damit soll die Verbundenheit der ehemaligen Studenten zu ihrer „Alma Mater“ bewusst gemacht und der akademische Grad „erneuert“ werden. Vor allem aber ist es für die Beteiligten der Feier – aber auch für die Vertreter der Universität – interessant zu erfahren, welche Berufslaufbahn die ehemaligen Kommilitonen durchlaufen haben, die jetzt allesamt im Pensionsalter angekommen sind.

Was zu Beginn einer derartigen Feier als erstes auffällt, ist das gänzliche Fehlen der farbentragenden studentischen Korporationen in Uniform samt Fahnen und „Bewaffnung“, die ja unlängst als nicht mehr zeitgemäß in die Rumpelkammer der lokalen Universitäts-Geschichte verräumt worden sind. Aber wenigstens fehlt das sonstige Gepränge nicht, die Magnifizenzen und Spektabilitäten tragen noch ihre schwarzen Roben und Barette und vorab marschiert immer noch ein weißbehandschuhter Pedell samt Szepter als Zeremonienmeister, der der ersten Reihe der Versammlung dezent bedeutet, wann man zu sitzen und zu stehen habe.

Was qualifiziert zur Ehrung?

Sieht man von den geringen formalen Erfordernissen ab, besteht die einzige Voraussetzung für die Teilnahme an einer derartigen Feierlichkeit im Grunde genommen darin, dass man alt genug wird, um sie erleben zu können und dass man Kraft genug hat, den Weg in die Aula zu schaffen, was sich für einige als gar nicht so leichtes Unterfangen darstellt. Die Absolventen des Jahrgangs 1974 sind fast ausschließlich männlich, zumindest was die Fachgruppen Bauwesen, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen  und Verfahrenstechnik betrifft: Unter den Jubilaren fand sich lediglich eine einzige Frau.

Die Studiendekane präsentieren die Geehrten

Wenn in einer derartigen Veranstaltung die notwendigen Begrüßungsreden und Einleitungen abgelegt sind und die anwesende Musikgruppe die ersten Kostproben ihres Könnens dargeboten hat, beginnt es für die werte Zuhörerschaft allmählich interessant zu werden. Denn die Studiendekane der einzelnen Fachgebiete stellen die ihnen zugeordneten goldenen Diplomierten (oder auch goldenen Doktoren) persönlich vor und schildern ihren beruflichen Werdegang und Lebenslauf, dies in manchen Fällen auf durchaus humorvolle Art und Weise.

Job-Hopping mit Auslauf als Konsulent

Die beschriebenen Karrieren sind zwar sehr unterschiedlich verlaufen, weisen aber in einigen Fällen gewisse Muster auf. Da sind diejenigen, die nach dem Studium rasch in die Industrie gewechselt sind, manche in wenigen, viele in mehreren Sprüngen durch verschiedene Firmen beachtliche Stellungen erreicht haben. Viele davon enden mit einer Tätigkeit als Konsulent. Andere wiederum starteten als Assistent an der TU, machten nachher Karriere in der Industrie, um später wieder eine Lehrtätigkeit oder gar eine Professur an Universitäten oder Höheren Technischen Lehranstalten anzutreten.

Nicht viele Unternehmer und Selbständige

Es ist verständlich, dass nur wenige gleich nach dem Studium ein eigenes Unternehmen oder ein Ingenieurbüro eröffneten, mussten die meisten doch erst die dazu notwendigen Qualifikationen erwerben. Aber mehrere der Jubilare besaßen danach oder in kürzeren Zeiträumen Ingenieurbüros oder wurden Ziviltechniker, wobei einer der Teilnehmer in persönlichem Gespräch durchaus einbekannte, er habe sich in der „Corporate World“ sehr gut zurechtgefunden, als Selbständiger mit eigenem Ingenieurbüro sei er aber nicht glücklich und daher auch nicht erfolgreich geworden, was ihn wieder in gewohnte Gefilde zurückgeführt habe.

Guter Abschluss

Da war noch ein Detail, nach dem man vergebens Ausschau hielt: Die goldenen Rollen fehlten, auch sie waren offensichtlich ein Opfer der der neuen Schlichtheit geworden, als Ersatz mussten schlichte Präsentationsmappen herhalten. Aber das sind letztlich Äußerlichkeiten. Was noch blieb? Eine Eintragung in das Goldene Buch der TU und der Genuss eines sehr guten Buffets im Besprechungszimmer des Rektorats, wo unter den vielen Portraits der Rektoren aus vergangenen Epochen noch einige gute Gespräche stattfinden konnten …

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