Sonnek

Kostenschätzungen

02.06.2023
SV

Die Zivilrechtsverfahren, in denen ich zum Sachverständigen bestellt worden bin, drehen sich – salopp gesagt – immer um irgendwelche Geldbeträge oder um Sachen, denen Geldwerte zugemessen werden. Gelder oder Werte, von denen jemand hofft, sie zu erhalten oder von dem jemand fürchtet, sie zahlen zu müssen. Einer vermeint, einen Schaden erlitten zu haben, ein anderer behauptet Mängel, wieder ein anderer fühlt sich übers Ohr gehauen. Der Sachverständige soll beurteilen, ob die Ansprüche von der fachlichen Seite her gerechtfertigt sind. Er soll aber auch prüfen, ob sie der Höhe nach angemessen sind. Das ist sehr oft keine leichte Aufgabe.

Und auch die Sachlage ist äußerst unterschiedlich. Einer meiner ersten Fälle war ein revitalisiertes Schlosshotel, dessen Besitzer arge Bedenken hatte, ob denn die in der Schlussrechnung ausgewiesenen Leistungen betreffend Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärinstallation auch tatsächlich erbracht worden seien. Das Haus war bereits in Vollbetrieb. Installationspläne waren zwar vorhanden, jedoch wusste man nicht, wie weit die den tatsächlichen Verhältnissen entsprachen, da man sich eine Bauaufsicht für die haustechnischen Anlagen nicht geleistet hatte. Zum Glück aber gab es sehr gute Fotodokumentationen.

Kosten auf tatsächliches Maß reduziert

Aus diesen Lichtbildern und einigen örtlichen Begehungen konnte ein Aufmaß erstellt werden und eine recht genaue Schätzung der tatsächlich gerechtfertigten Kosten, die deutlich unter den bereits bezahlten Rechnungsbeträgen lagen. Der Installateur weigerte sich zunächst, diesen Sachverhalt anzuerkennen. Der Weg des Schlossherrn zu Gericht war aber letztlich von Erfolg gekrönt, ein sehr hoher Betrag wurde zurückbezahlt.  – Die Arbeit eines Sachverständigen, der Kosten feststellen soll, wurde in diesem Fall dadurch erleichtert, dass eine detaillierte Schlussrechnung vorlag und die Angelegenheit im Grunde genommen auf eine Rechnungskorrektur hinauslief.

Für Materialien oft umfangreiche Recherchearbeit notwendig

Was aber tut man, wenn etwa eine Leistung pauschal abgerechnet wurde und der Empfänger nicht zahlen will, weil er sich benachteiligt fühlt? Im Prinzip geht man gleich vor, man macht zuerst einmal Aufmaße. Aber zum Unterschied vom vorigen Fall ist hier keine detaillierte Rechnung vorhanden, die Einzel- und Positionspreise ausweist und noch dazu liegt der Fall schon drei Jahre zurück. Also wird man sich zunächst für die festgestellten Produkte alte Preislisten beschaffen, bei Herstellern oder Großhändlern oder aus dem eigenen Archiv. Draus erhält man Angaben über Listen- oder Bruttopreise, die für die Schätzung durch den Sachverständigen eine obere Preisgrenze darstellen können.

Aus Umfragen Stundentarife ermitteln

Dann bleiben noch die Preise für die Arbeitsleistungen, die sich aus der Anzahl der aufgewendeten Stunden und den Stundentarifen für Monteure, Helfer, Lehrlinge oder Montagepartien ergeben. Wie kommt man für diese Leistungen zu brauchbaren Werten? Wenn man nicht schon auf ähnlich gelagerte Fälle oder auf Erfahrungen aus täglicher Praxis  zurückgreifen kann, bleibt nur mehr ein Weg: Anfragen bei Installationsunternehmen aus derselben Region, in der der in den Gerichtsfall verwickelte Installateur beheimatet ist. Zugegeben nicht einfach, aber war in meiner Arbeit bislang immer zielführend.

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