Sonnek

Frage

In einem kleinen Kreis von Solarenergie-Begeisterten wurde unlängst so nebenbei folgende Frage gestellt: Müssen wir denn Solarstrom unbedingt in Akkus speichern? Gäbe es nicht auch einen einfacheren Zugang, etwa auf mechanische Weise? Man könnte doch ein Loch bohren und ein Gewicht mit Solarstrom heben und abends dann das Ding langsam runterlassen und daraus Strom gewinnen. Wie könnte so eine Lösung aussehen? Wie müsste das Gewicht bemessen sein, wenn die Bohrung einhundert Meter tief wäre und ein für ein Einfamilienhaus interessanter Energiegehalt in der Größe von etwa zehn Kilowattstunden gespeichert werden sollte?

Wenn man den Großteil seines Berufslebens in der Gebäude- und Energietechnik zu tun hatte, denkt man über die Umrechnung von Maßeinheiten wie Kilowatt oder Kilowattstunden in mechanische Größen meist nicht viel nach, außer man hat ein Elektroauto und denkt in erzielbaren Reichweiten. Umso sorgfältiger wird man daher rangehen, wenn es gilt, an sich einfache Aufgaben wie die oben genannte wenigstens näherungsweise zu lösen. Näherungsweise deshalb, weil in einer ersten groben Abschätzung reale Verhältnisse wie zum Beispiel Wirkungsgrade einer Nutzungskette außer Acht gelassen werden müssen.

Notwendige Umrechnungen

Für meine Generation kommt noch dazu, dass sie mit Begriffen wie zum Beispiel Kilokalorien für Wärmeeinheiten und Kilopond für Kraftgrößen aufgewachsen ist. Mit diesen „alten“ Einheiten waren bestimmte Vorstellungen verknüpft. Der Umstieg ins MKS- System kam dann erst mit dem Studium auf der TU. Das Newton als Einheit der Kraft. Aha. Einheiten für Arbeit und Energie: Ein Newtonmeter ist gleich eine Wattsekunde. Ziemlich abstrakt, das Ganze. – Also erst einmal ein Blick in eine Umrechnungstabelle: 1 Nm (Newtonmeter) entspricht 2,778 Mal zehn hoch minus sieben Kilowattstunden.

Gefühl für Größenordnungen

Nun kommen wir der Sache schon ein wenig näher. Jetzt rechne ich weiter: Eine Million Newtonmeter entspricht 0,2778 Kilowattstunden. 3,6 Millionen Newtonmeter entsprechen genau einer Kilowattstunde. – Um ein Gefühl für Größenordnungen zu bekommen, rechne ich mir etwas anderes aus: Das Gewicht der Masse von einem Kilogramm beträgt auf der Erdoberfläche ungefähr 10 Newton. Wenn ich diesen Kilo einen Meter hochhebe, benötige ich einen Arbeits- oder Energieaufwand von 10 Newtonmeter, wenn ich das umrechne, komme ich auf 2,778 mal zehn hoch minus sechs Kilowattstunden.

Hinter einer Kilowattstunde steht viel Energie

Erster Eindruck: Eine Kilowattstunde enthält ganz schön viel mechanische Energie! – In einem nächsten Schritt überlege ich mir: Wenn ich eintausend Kilogramm einen Meter hoch hebe, benötige ich 1.000 x 10 x 1 = 10.000 Newtonmeter, was gemäß Umrechnungstabelle 0,002778 Kilowattstunden entspricht. Wenn ich diese eintausend Kilogramm einhundert Meter hoch hebe, beträgt der Energieaufwand genau das Hundertfache, also 0,2778 Kilowattstunden. Wenn ich dreitausendsechshundert Kilogramm einhundert Meter hochhebe, benötige ich dafür genau eine Kilowattstunde an Arbeitsaufwand!

Realitätsferne Größenordnungen

Somit lässt sich die anfangs gestellte Frage wie folgt beantworten: Der angedachte mechanische Energiespeicher für ein Einfamilienhaus, der eine nutzbare Tiefe (oder Hubhöhe) von einhundert Metern aufweist, benötigt für eine Speicherkapazität von zehn Kilowattstunden ein Gewicht von 36 Tonnen! Das alles wohlgemerkt noch ohne Berücksichtigung von irgendwelchen Wirkungsgraden und damit von Verlusten, die bei einer derartigen Umwandlung von Energie unvermeidlich sind. Damit wird sofort klar: Eine derartige Speicherung wäre völlig praxisfern.

Eine stattliche Anzahl von VW Golf

Um sich ein Bild davon zu machen, was sechsunddreißig Tonnen praktisch bedeuten: Ein zylindrischer Körper aus Stahl oder Gusseisen hätte bei einem Durchmesser von einem Meter eine Höhe von knapp sechs Metern! Oder in Kraftfahrzeugen gerechnet: Geht man davon aus, dass das Basismodell eines VW Golf etwa eintausendzweihundert Kilogramm hat, wären das dreißig solcher Fahrzeuge, die zugleich am Seil baumeln müssten. – Man denke demgegenüber an einen modernen handelsüblichen Batteriespeicher für eine Kapazität von zehn Kilowattstunden: Der hat zum Vergleich etwa den Raumbedarf eines halben handelsüblichen Kühlschranks!

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