Ein Berufsjubiläum der besonderen Art konnten heute im Rahmen der Vollversammlung ihrer Interessens- und Standesvertretung in Pörtschach am Wörthersee vier Ziviltechniker begehen. Einer davon war ich selbst – vier Jahrzehnte ununterbrochen aufrechte Befugnis als Zivilingenieur für Maschinenbau! Kaum zu fassen, wie rasch die Zeit vergeht. Natürlich haben wir diesen Anlass entsprechend gefeiert, wie Techniker halt feiern, bei aller Freude eine gewisse Grundnüchternheit beibehaltend, ausgelassen sein ist ihre Sache nicht. Der Anlass eines derartigen Jubiläums ist aber auch gleich eine gute Gelegenheit für einen Rückblick …
… auf die vergangenen Jahrzehnte und vor allem auf das, was sich aus meiner sehr persönlichen Sicht in dieser Zeit geändert hat. – Fangen wir mit dem Persönlichen an: Es ist alles etwas lockerer geworden, angefangen schon bei Kleidung und Umgang. War es zu Beginn meiner Tätigkeit unausgesprochene Pflicht, eine Krawatte zu tragen, sowohl bei Geschäftsterminen als auch dann, wenn man in der Ziviltechnikerkammer zu tun hatte, ist das mittlerweile passe. Aber das ist ja ganz allgemein so üblich geworden, genauso wie das Tragen von Jeans zu jedem Anlass. Niemand rennt heute noch mit Bügelfalten herum.
Mehr Lockerheit
Zum Umgang unter Kollegen: Zu meinem Start im Jahr 1982 schien mir der Kontakt unter Kollegen und mit Kunden aller Art von einer gewissen Steifheit geprägt. Es gab – so kommt mir aus heutiger Sicht vor – sehr viel mehr ausgeprägte Persönlichkeiten in positivem und negativem Sinne. Diesen pflegte ich mich je nach Charakter mit hoher Achtung oder gebotener Vorsicht zu nähern. Das galt auch für das Kammerpersonal. Der hochangesehene Präsident hatte noch ein eigenes, großes und repräsentatives Büro. Distanz allerorten. Der Nachfolger kam schon ohne derlei Raumbedarf aus. Heute ist man viel schneller beim Du-Wort, was vielleicht durch mein fortgeschrittenes Alter zu erklären ist.
Mehr Termintreue
Aber auch der allgemeine Umgang mit Kunden und selbst mit den Behörden ist heute wesentlich weniger förmlich. Es gibt eine Ausnahme: Auf Termineinhaltung wird viel stärker Wert gelegt. Vereinbarte Besprechungstermine sind heute möglichst auf die Minute genau einzuhalten, wenn sich fünf Minuten Verzögerung andeuten, läutet schon irgendein Handy. Wie überhaupt die Kommunikation sich enorm beschleunigt hat, beispielsweise durch E-Mail. Dementsprechend macht sich viel schneller Ungeduld breit, wenn nicht gleich eine Reaktion erfolgt. Zu meinem Berufsbeginn tickerten in den Büros noch die Fernschreiber gemächlich die Lochstreifen durch …
Weniger Aktenberge …
Die Digitalisierung hat die papierenen Aktenberge verdrängt oder zumindest äußerst stark vermindert. Geradezu revolutionär ist etwa, dass gerade die rechtsstaatliche Institution der Justiz den elektronischen Akt eingeführt und permanent so verbessert hat, dass das Arbeiten damit geradezu ein Vergnügen ist. Und wer erinnert sich noch an die Zeichenbretter oder Zeichenmaschinen mit den Linealen in Parallelführung? Alles schon Geschichte! Wie auch unser erster Computer, ein IBM System /23 mit dem winzigen grünen Bildschirm und den riesigen Disketten mit unglaublich wenig Daten drauf.
Kleiner Wermutstropfen
Nostalgie befällt mich bei all diesen Rückblicken allerdings keine, zu groß und hilfreich sind die technischen Fortschritte, wohl keiner möchte mehr mit damaligen Mitteln und Möglichkeiten arbeiten müssen. Andererseits gibt es Entwicklungen, die ich nicht nachvollziehen kann. So ist die Ziviltechnikerkammer die einzige Kammer in Österreich, die sich bemüßigt gefühlt hat, ihren Namen zu gendern. Ich will die neue Bezeichnung hier gar nicht wiederholen. Ich will auch keine Ideologie, die Spracherziehung betreibt, ich will bloß wie eh und je eine funktionierende Standes- und Interessensvertretung …
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