Sonnek

Gericht

Es war vor zwei Tagen die Frage des vorsitzenden Richters in einer Sachverständigenprüfung: Wer sind die Teilnehmer in einem Verfahren vor einem Zivilgericht? – Ich muss zugeben, dass mir zur Zeit meiner eigenen Prüfung eine fehlerfreie Aufzählung höchstwahrscheinlich auch nicht gelungen wäre. Einem langjährigen Praktiker stellen sich solche scheinbar „banalen“ Fragen nicht mehr, das Umfeld im Gericht ist zum Arbeitsfeld geworden. Die meisten Dinge sind wie sie sind und es gibt keinen Anlass, darüber noch nachzudenken. Ein Neuling aber muss sich das alles erst erarbeiten und zu Eigen machen. Das ist für ihn nicht einfach.

Wer ein erstes Mal ohne vorhergehende Erläuterung als Zuhörer an einer Verhandlung in einem Zivilgerichtsprozess teilnimmt, wird allein schon mit der Verfolgung der Ereignisse im Gerichtssaal ausgelastet sein. Er wird den Äußerungen der Anwesenden lauschen und versuchen, zu verstehen, worüber gestritten wird. Allmählich werden ihm zumindest in groben Umrissen die Absichten einzelner Akteure klar werden. Aber er ist noch weit davon entfernt, die „Spielregeln“ zu erkennen und zu verstehen, unter denen die Ereignisse ablaufen. Auch wird er sich vorerst wenig Gedanken machen darüber, wie die Rollen der handelnden Personen korrekt zu bezeichnen sind.

Achtung: Wissen ist nicht gleich Verständnis

Der Wissensstand eines Kandidaten, der zur Prüfung für die Eintragung in die Sachverständigenliste antritt, wird natürlich höher sein als der eines zufälligen Besuchers. Dies zumindest dann, wenn er eines der üblichen von den Sachverständigenverbänden angebotenen Vorbereitungsseminare besucht hat. Aber: Streberhaftes Eintrichtern von Seminarinhalten allein mag zwar das Sachwissen bereichern, reicht aber für ein tieferes Verständnis nicht aus. Wenn nicht nur die Praxis fehlt, sondern überhaupt eine Verknüpfung der Begriffe mit den Abläufen und Zielen eines Verfahrens, verheddern sich viele Anwärter allein schon in den korrekten Bezeichnungen.

Der Richter

Deshalb sollen hier die Rollen und die Bezeichnungen der Beteiligten kurz dargestellt werden, wobei auf einen „Normalfall“ Bezug genommen wird. Die wichtigste und zentrale Rolle spielt eine Person: Der Richter, der dem Gesetz zur Geltung verhelfen muss, der das Verfahren steuert und über die Abläufe wacht. In manchen Gerichtssälen ist der Platz des Richters etwas erhöht, um auch dadurch seine Autorität zu unterstreichen. An einer Seite des Richters nimmt sehr oft eine Person aus dem „Rechtsnachwuchs“ als Beisitzer Platz. Das ist  entweder ein Anwärter auf das Richteramt oder ein Rechtspraktikant. Der Beisitzer ist nicht von sich aus tätig, sondern unterstützt den Richter bei Bedarf administrativ.

Sachverständige und Parteien

Der Sachverständige (SV) hat an der anderen Seite neben dem Richter seinen Platz bekommen. Seine Aufgabe dürfte den Lesern hier sattsam bekannt sein und soll hier nicht Thema sein.  – Jetzt aber zu den eigentlichen Trägern des Verfahrens, den Parteien: Vom Richter aus gesehen rechts befindet sich die Klägerseite, der Rechtsanwalt, der die klagende Partei (KP) – auch Kläger genannt – vertritt, ist der Klagsvertreter (KV). Links vom Richter liegt die Beklagtenseite, dementsprechend sitzen hier die beklagte Partei (BP) oder Beklagte mit ihrem Anwalt, der der Logik entsprechend als Beklagtenvertreter (BV) bezeichnet wird. Die Anwälte zusammengenommen bezeichnet man als Parteienvertreter (PV).

Nebenintervenienten

Die in Klammer gesetzten Bezeichnungen sind keine Erfindung von mir, sondern Kürzel, die im internen Aktenverkehr des Gerichts verwendet werden. Sind wir mit den Beteiligten komplett? Nein, noch nicht! Da gibt es noch Teilnehmer, die auf Seiten einer Partei in das Verfahren eintreten. Das geschieht dann, wenn ein Außenstehender Interesse hat, dass eine Partei das Verfahren gewinnt. Zuvor hat die Partei diesem Außenstehenden „den Streit verkündet“ und ihn aufgefordert, auf ihrer Seite dem Verfahren beizutreten. Einen solchen Teilnehmer nennt man den Nebenintervenienten (NI) und seinen Anwalt den Nebenintervenientenvertreter (NIV).

Einer fehlt noch

Jetzt können auf beiden Seiten solche NI mitsamt ihren NIV auftreten, die beispielhaft erwähnte Bezeichnung „2. Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei“ klingt zwar recht kompliziert, in der Praxis heißt das aber nur, dass die Argumente und Beweisangebote der Klagseite verstärkt werden und der Sachverständige voraussichtlich sich auch mit diesen wird auseinandersetzen wird müssen. – Ja, einer fehlt noch: Der Zeuge! Zeugen können von beiden Seiten genannt werden. Sie stehen unter Wahrheitspflicht und berichten ausschließlich über ihre Wahrnehmungen, die sie im Zusammenhang mit dem Streitfall gemacht haben. Über den Sonderfall eines sachverständigen Zeugen ist unlängst ein Blogartikel erschienen.

So, das wär’s aus meiner Sicht. Sollte ich wider Erwarten jemanden vergessen haben, bitte ich um milde Nachsicht und um kurze Nachricht …

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