Mal wieder im Landesgericht unterwegs. Sommerzeit ist’s! Vor dem Eingang, wo sonst Anwälte mit ihren Klienten an die Hauswand gedrückt hektisch Worte wechseln, herrscht gähnende Leere. Rasch durch die Sicherheits-Schleuse – der Zerberus am Eingang brüllt mir noch nach: Maskeeee! Ach ja, hätte ich fast vergessen. Brauche ich ansonsten nicht einmal mehr im Gasthaus, bloß im Supermarkt, beim Arzt, in der Apotheke. Und eben jetzt im Gerichtsgebäude. Zumindest in den Gängen. Ich nehme den Lift nach oben, denn mit der Atembremse über die Treppe hochschnaufen ist eine Sportart, die mir nicht zusagt.
Auf in die Verwaltung. Meine Ansprechperson ist auf Urlaub, wie ich bei meiner Terminvereinbarung erfahren habe. Aber die Urlaubsvertretung sei da und informiert. Ich klopfe an, erfahre, dass die Vertretung jetzt auch nicht da sei. Aber die Auskunftsperson stellt sich als Vertretung der Vertretung vor. Und ist über meine Sache informiert. Jetzt während des Gesprächs kann ich die Maske abnehmen. Die Angelegenheit, die mich hierhergeführt hat, ist rasch erledigt. Maske wieder auf, gleich bin ich wieder im Freien, also Maske wieder ab. Den ganzen Weg durch die weitläufigen Gänge hin und zurück ist mir keine Seele begegnet, der Zerberus einmal ausgenommen.
Maskeraden
Wofür habe ich jetzt die Maske getragen, wenn ich sie bei er einzigen Person, mit der ich tatsächlich zu tun hatte, abnehmen konnte? Naja, Vurschrift ist Vurschrift, österreichisches Beamtentum kennt eben kein Pardon. – Rasch noch ein kurzer Besuch in der nahen Buchhandlung, die am Weg zurück in die Parkgarage liegt. Hier herrscht in allen Geschoßen reges Kommen und Gehen, mitunter dichtes Gedränge. Masken braucht man hier aber nicht zu tragen. Wo sind die Neuheiten? Das geschulte Personal ist rasch zur Stelle, dienstbeflissen und hilfreich. Die Angestellten scheinen ehrlich erfreut zu sein darüber, dass nach all den Lockdowns wieder richtig etwas los ist.
Das Stammlokal wird restriktiv
Anderntags am Land. Meine Frau ist mit einer Freundin auf kurzer Wanderung, ich selbst hab‘ auswärts zu tun. Mittags vereinbaren wir ein gemeinsames Mittagessen. Wir wählen ein bekanntes Lokal unweit unseres Wohnorts, in dem wir öfters einkehren, dort treffen wir uns dann. Es geht schon gegen zwei Uhr nachmittags, wir suchen einen sonnigen Platz im Gastgarten. Der Kellner kommt und erklärt uns, dass er keine Bestellung mehr aufnehmen könne nach halb zwei Uhr nachmittags, die Küche sei zu. Ab halb Fünf ging’s wieder. Das ist uns neu. Das war mal ein Lokal mit ganztägig warmer Küche. Wir danken und gehen unserer Wege.
Die Gastronomie hat – so scheint’s – Probleme
Tags darauf erfahre ich, dass zwei wichtige Küchenkräfte das Haus verlassen hätten, was viel erklärt. Offenbar hinterlässt die Corona-Zeit auch hier ihre Spuren. – Unlängst habe ich vom Insider eines großen Gastrobetriebs gehört, dass ihm acht Personen aus dem Service fehlen. Er meinte, dass er demnächst wegen der Personalknappheit Teile seines Restaurants schließen werde müssen. Und das in einer Zeit, wo sich die Gästefrequenz wieder denen vor den Lockdowns angleiche. Warum ist das so? will ich wissen. Er weiß es auch nicht, vermutet aber, dass die fehlenden Leute jetzt ein Jahr zuhause waren und Arbeitslosengeld mit ein bisschen Zuverdienst oder Pfusch am Ende kaum einen finanziellen Nachteil gehabt hätten. Die Motivation, überhaupt noch arbeiten zu gehen, sei weg. Auch ausländische Kräfte seien nicht mehr verfügbar, man arbeite bereits mit Personalbereitstellern, aber auch die hätten keine Leute.
Manche trifft’s aber nicht
Zurück zur Sache von vorhin. Ein paar Kilometer weiter kehren wir in ein recht einfaches Landgasthaus ein, an dem ich auf dem Weg ins Büro fast jeden Tag vorbeifahre und das ich seit längerer Zeit keine Gelegenheit zu besuchen hatte. Viele Autos parken hier, der Gastgarten ist gut besetzt, der Senior-Wirt, den wir aus früheren Zeiten gut kennen, in denen wir hier öfter eingekehrt sind, bestätigt lachend, dass wir selbstverständlich noch was bekommen. Der Gastgarten ist einladend, die Speisekarte umfangreich, die Bedienung freundlich. Es ist ein Familienbetrieb, der mit der Pandemie-Situation gut zurechtzukommen scheint. Die Sonne strahlt, es ist vielleicht einer der letzten warmen Sommertage. Das Essen ist gut, wir lassen uns Zeit, um in Ruhe zu plaudern. – Tja, und COVID-Nachweise hatten wir natürlich vorzulegen, und den QR-Code am Tisch haben wir brav gescannt.
Ich stelle mir viele Fragen …
Angesichts dieser und vieler anderer Eindrücke mache ich mir Gedanken und stelle mir Fragen: Was tun wir, wenn das Virus nicht mehr weggeht? Schließlich kann es – wenn ich mich nicht irre – auch Tiere befallen. Hunde kann ich vielleicht noch in Quarantäne sperren, aber Katzen und anderes Getier? De facto muss ich davon ausgehen, dass das Virus bleiben wird. Wir können aber deswegen nicht ständig „Lockdown – Lockup“ machen, ist doch illusorisch, oder? Außerdem: Was bringt die dauernde Statistik-Hysterie mit soundsoviel Inzidenzen hier und sounsoviel belegten Intensivbetten dort und Testen hin und Impfung her und achte Welle rauf und Zeta-Mutante runter und Ampel grün und Ampel rot, Geimpfte stecken keinen an, Geimpfte stecken doch an? Wozu das ganze Tamtam?
… aber hier ist meine wichtigste Frage
Meine wichtigste Frage lautete: Warum kann man in Schweden auf den Einschränkungs-Krempel weitgehend verzichten, ohne dass deshalb gleich eine Katastrophe ausbricht? Was ist dort anders, was machen die Leute dort richtig? Unsere vom Thema betroffenen Bundespolitiker sind uns hier aus meiner Sicht eine klare und ehrliche Antwort bisher schuldig geblieben. Jedenfalls ist höchste Zeit, dass das negative Spiel mit Angst und Einschüchterung endlich aufhört. Und damit der ganze in meinen Augen sinnlose Masken-Mummenschanz mitsamt allen anderen Einschränkungen. – Appelle an die Eigenverantwortung sind ein guter Anfang. Was wir aber tatsächlich brauchen, sind positive Hilfen, etwa in der Art: So stärken Sie Ihr Immunsystem! Das können Sie beitragen, um gesünder zu leben! Lassen Sie Vorsicht walten, seien Sie nicht leichtsinnig, aber lassen Sie Sich keine Angst einjagen! Und ja, ein Risiko ist immer da, es gibt halt keine absolute Sicherheit im Leben! Wie sagt doch Erich Kästner so treffend in seinem Silvestergedicht: Wird’s besser? Wird’s schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!
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