Sonnek

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Wie geht ein Sachverständiger vor, wenn er eine Stellungnahme zum Gutachten eines Gerichtssachverständigen verfassen soll? Eine der Parteien im Verfahren hat ihn darum gebeten. Wie zu erwarten naturgemäß die, für die das Gutachten nicht sehr vorteilhaft aussieht. Jetzt nimmt der Sachverständige mit dem Anwalt der Partei Kontakt auf und teilt ihm mit, dass er nach eingehendem Studium die Sachlage in den wesentlichen Streitpunkten durchschauen kann. Auch fände er im Gutachten einige Ansatzpunkte für kritische Fragen an den Gerichtssachverständigen, die dieser vor Gericht zu beantworten hätte.

Im besagten Fall hat es sich der Gerichtsgutachter recht bequem gemacht und die Fragen des Gerichts vornehm gesagt eher oberflächlich – um nicht zu sagen schnoddrig – beantwortet. Als Beurteilungsgrundlage für seine Aussagen hat er sich ausschließlich auf seine subjektive Erfahrung aus der eigenen beruflichen Praxis berufen. Auf die Nennung von unterstützenden Quellen – etwa Normen, Richtlinien, Gesetze, Literaturhinweise – hat er gänzlich verzichtet. Stattdessen hat er sehr verallgemeinernd und in leicht dozierendem Tonfall eher triviale Sachverhalte, die nicht alle mit der Sache selbst zu tun haben, weitschweifig ausgewalzt.

Eine Warnung ist angebracht

Ein Sachverständiger darf sich weder mündlich noch schriftlich zu emotionalen Ausbrüchen hinreißen lassen. Auch den größten Blödsinn und die hanebüchensten Darlegungen eines Kollegen vom Fach müssen ihn äußerlich nüchtern und unberührt erscheinen lassen, selbst wenn er in einem Fall ein schallendes Gelächter auch nur mehr schwer zurückhalten kann oder im anderen Extrem am liebsten seine Wut über so viel Hirnlosigkeit hinausbrüllen möchte. Cool down! Auch in schriftlichen Äußerungen ist jegliche Abschätzigkeit verpönt und Zynismus hat hier keinen Platz. Ein Sachverständiger argumentiert in Gutem Sinne „gefühllos“.

Sachliche und nüchterne Arbeit ist gefragt

Jedenfalls gilt: Nüchternheit und Gelassenheit sind angesagt! Schwachpunkte und Fehler im Gutachten werden grundsätzlich sachlich behandelt, Unzulänglichkeiten zergliedert und korrigiert dargestellt. Verdrehte Darstellungen müssen erst entwirrt und auf richtige Grundlage gebracht werden. – Diese analytischen Arbeiten können durchaus mühsam werden, aber sie sind die Voraussetzung, dass die daraus abzuleitenden Aussagen für die Stellungnahme des Sachverständigen die nötige Substanz bekommen, auf der die nun zu formulierenden Fragen an den Gerichtssachverständigen beruhen.

Die richtige Vorgangsweise

Sehr oft ist eine Vorgangsweise in dieser Reihenfolge hilfreich: Zuerst wird die zu behandelnde Aussage im Gerichtsgutachten wörtlich zitiert, relevante Passagen können hervorgehoben werden. Daran schließt sich nun eine sehr sachlich und detailliert gehaltene Darstellung des Sachverständigen an, die der zitierten Aussage inhaltlich entgegensteht und ihr dadurch die Grundlage entzieht. Im dritten Schritt zitiert der Sachverständige nun alle Nachweise wie Normen, Richtlinien etc. (siehe oben), die seine Darstellung untermauern und stärken. Und erst jetzt stellt der Sachverständige die sich daraus ergebenden Fragen an den Gerichtsgutachter!

Schriftlichkeit ist anzuraten

Nun folgt der letzte Schritt: Wie jedes Gutachten sonst auch wird der Sachverständige seinen Bericht sorgfältig ausarbeiten, denn ihm ist bewusst, dass nur das, was schriftlich vorliegt, einen Nachweis für seine Arbeit ergibt. Er wird zwar dem Rechtsvertreter einen mündlichen ersten Bericht geben, aber er wird auf die schriftliche Ausarbeitung verweisen, aus der später der Rechtsanwalt nach Belieben ganze Passagen direkt übernehmen kann oder auch nur einzelne Abschnitte. Ich persönlich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, zum Bericht in signiertem .pdf-Format noch eine Word-Datei zum leichteren Entnehmen von Textstellen mitzusenden.

Fallbeispiele können in Workshops behandelt werden

In einem Blog-Beitrag ist nicht der richtige Raum für die detaillierte Darstellung von Beispielen, denn das würde den vorgegebenen Rahmen sprengen. Echte, aber anonymisierte Fallbeispiele müssten im Rahmen eines Seminars oder Workshops erörtert werden.  – Jedenfalls ist diese Art von Leistung für den Rechtsanwalt auf jeden Fall sehr anspruchsvoll, setzt entsprechende Erfahrung im Umgang mit komplexen Denkvorgängen voraus und man kann davon ausgehen, dass sie auch entsprechend honoriert wird. Schließlich hängen für die betroffene Parteien davon mitunter Erfolg oder Misserfolg im Ausgang des Gerichtsverfahrens ab.

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