Sonnek

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Dank eines gerade bekannt gewordenen Erlasses ist das Tragen einer Gesichtsmaske innerhalb eines Gerichtssaals nicht mehr nötig. Das haben wir anlässlich der letzten Sachverständigenprüfung zwar auch schon so gehandhabt, jetzt aber ist es offiziell gestattet. So sitze ich wieder in einer Beurteilungskommission, die einem Handwerksmeister mit langjähriger Erfahrung auf den Zahn fühlen soll. Als Geschäftsführer eines Installationsunternehmens wird er sein Fach beherrschen, wir dürfen aber auch die gereifte Persönlichkeit erwarten, die ein künftiger Sachverständiger mitbringen muss.

Wir werden nicht enttäuscht. Der Kandidat hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Die Fragen des Vorsitzenden aus dem Präsidium des Landesgerichts und der Fachprüfer werden nach kurzem Nachdenken fast vollständig zufriedenstellend beantwortet. Bei Unklarheiten fragt er nach, seine Antworten kann er gut begründen. Fachwissen über Heizung, Klima, Lüftung und Sanitär ist wohl ausreichend vorhanden, um in den Problemfeldern, die ihn aller Voraussicht erwarten, erfolgreich zu bestehen. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er auch in schwierigen Situationen, in die nun ein Sachverständiger auch manchmal gerät, seinen Mann stellen wird.

Alles gut gegangen – aber jetzt geht es erst richtig los …

Die Beratungen der Beurteilungskommission sind daher in Bezug auf den künftigen Kollegen auch recht kurz, er hat die Prüfung bestanden. Ich bringe noch einen Gedanken ein, den der Vorsitzende aufgreift und dem neuen Kollegen mitgibt: Ein angehender Sachverständiger ist daran zu erinnern, dass er in seiner gesamten Laufbahn ein Lernender ist. Bei jedem Gutachtensauftrag lernt er dazu. Besonders viel lernt er bei seinem ersten Gutachten, das ihm vermutlich viel Schweiß kosten wird. Er ist gut beraten, einen Kollegen zu Rate und ins Vertrauen zu ziehen, der ihm über diese erste Hürde hilft.

Kollegialer Auftrag an erfahrene Sachverständige

Mir selber hat am Anfang das eine oder andere Gutachten weitergeholfen, das mir zuvor schon aus irgendwelchen Anlässen in die Hände gekommen war. Im Lauf der Zeit und mit wachsender Praxiserfahrung habe ich aber immer wieder Kollegen in ihrer Arbeit beraten und unterstützen können. Ich sehe einen kollegialen Auftrag an erfahrene Sachverständige darin, in die Rolle des Ratgebers oder Lehrers zu schlüpfen, sofern man darum gebeten wird. Das hat für Ratsuchenden den Vorteil rascher Hilfe, aber auch der Ratgeber kann aus dieser Bereitschaft deutlichen Nutzen ziehen, mehrfachen sogar.

Der Nutzen ist wechselseitig und vielfach

Es ist nicht nur das angenehme Gefühl, das zurückbleibt, wenn man jemandem in selbstloser Weise geholfen hat – „Geben ist seliger als Nehmen“ sagt schon die Bibel. Ein Vorteil des Lehrens ist, dass man eine Sache selber besser verstehen lernt. Mehr noch ist für den Lehrenden von praktischer Bedeutung, dass er seinen eigenen Wissensschatz erkennt. Dass er durch die Art der an ihn gerichteten Fragen den Wert der Erfahrung sieht, der ihm kaum oder gar nicht bewusst war. Ihm wird auch klar, dass er wertvolle Informationen weitergegeben hat, die ansonsten vielleicht nie abgerufen und damit unwiederbringlich verloren gegangen wären.

Lehren zeigt auch Sachverständigen den Wert von Wissen und Erfahrung

Aber das Beste kommt noch! Die aus dem „Lehren“ gewonnene Erkenntnis kann handfesten materiellen Nutzen nach sich ziehen. Und das kommt so: Vielen – zu vielen – Sachverständigen ist tatsächlich nicht bewusst, welche Menge an wertvollem Wissen und unvergleichlicher Erfahrung sie besitzen. Durch das „Hervorholen“ zu Lehrzwecken werden der Umfang dieses Wissens und das Gewicht dieser Erfahrung vor Augen geführt. Dieses Offenbarwerden kann wiederum positiven Einfluss auf die Wertbeurteilung der eigenen Leistung haben, die Sachverständige meiner Einschätzung nach tendenziell viel zu selbstkritisch sehen.

Selbstwert bestimmt Marktwert bestimmt Einkünfte

Was Wertbeurteilung der eigenen Leistung betrifft, kenne ich immerhin einige Sachverständige, die sehr wohl zur Einsicht gelangt sind, dass sich der Selbstwert ganz entscheidend auf die Höhe des Honorars auswirken kann. Selbstwert bestimmt Marktwert, kann man folgern – genau das trifft zu! Je mehr sie bereit sind, Wissen und Erfahrung weiterzugeben und anderen dadurch zu dienen – wobei es erst einmal egal ist, ob bezahlt oder unbezahlt – desto mehr können sie davon ausgehen, dass ihr Wissen und ihre Erfahrung vielfach gefragt sind. Diese innere Einsicht stärkt ihre Position nach außen: Höherer Selbstwert führt zu überzeugtem Auftritt und zu höheren Honoraren. – Fazit: Die Bereitschaft, andere zu lehren, kann ein erster Schritt zu besseren Einkünften sein.

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