Sonnek

Bild

Es ist nach einer Pandemie-Pause wieder Prüfungszeit für Sachverständige. Diesmal möchte ein bereits aktiver Kollege sein Tätigkeitsfeld erweitern, mit Betonung in Richtung erneuerbarer Energie. Die „Hauptprüfung“ über seine Gebäudetechnik-Fächer hat er schon vor einigen Jahren abgelegt. Jetzt will er auch in den ihm in seiner Berufspraxis wichtig gewordenen speziellen Gebieten tätig werden. Die nötigen Formalitäten wurden schon vor etlichen Monaten erledigt, ein bereits vor einem halben Jahr angesetzter Prüfungstermin musste der Umstände halber abgesagt werden. Jetzt ist es aber endlich soweit.

Derlei Prüfungen laufen grosso modo in einem vorgegebenen Rahmen ab und nach einem bestimmten Ritual. Den funktionellen Rahmen bildet eine Beurteilungskommission. Den Vorsitz hat fast immer ein Mitglied des Präsidiums des Landesgerichts inne, so ist es auch diesmal. Der Vorsitzende wird unterstützt von in der Regel zwei Fachprüfern. Der äußere, örtliche Rahmen wird üblicherweise geprägt vom Ambiente des repräsentativen Sitzungssaals. Allein schon dessen Größe und Weitläufigkeit bewirken in jedem neu Antretenden gebührenden Respekt vor justizieller Würde.

Karges Ambiente

Das ist der Normalfall, der heute nicht zum Tragen kommt. Wegen des ganzen Pandemie-Brimboriums müssen sich die Akteure mit dem kargen Ambiente eines gewöhnlichen Verhandlungssaals zufriedengeben. Mit den obligaten Plexiglas-Trennwänden, aber die Masken können wir wenigstens ablegen. Der Vorsitzende hat auf dem Richterstuhl platzgenommen, die Fachprüfer belegen die Sitzgelegenheiten der Parteienvertreter und der Prüfungskandidat muss sich in den Zeugenstand begeben. Für uns Fachprüfer, die wir als Sachverständige in derlei Sälen ansonsten etwas erhöht zu sitzen gewohnt sind, eine neue Perspektive.

Das Juristische zuerst

Das wohl seit vielen Jahren bewährte Ritual des Ablaufs sieht dann üblicherweise so aus, dass der Vorsitzende den rechtlichen Teil der Prüfung vornimmt. Dazu gehören Fragen zur Gerichtsorganisation, zu den Pflichten und Rechten des Sachverständigen, zum rechten Verhalten bei Gericht etc. Hier ist natürlich wichtig, dass der Kandidat die Lektionen aus dem Vorbereitungsseminar auch wirklich gelernt hat und zumindest in den wichtigsten Inhalten sattelfest ist. Dieser Teil könnte heute entfallen, der Vorsitzende aber nützt die Gelegenheit, dem Kollegen mit auch für uns Fachprüfer interessanten Beispielen aus der Praxis etwas auf den Zahn zu fühlen.

Nicht in allen Punkten sattelfest …

Dann aber beginnt mein Kollege mit den Fragen aus seinem Fachgebiet, in dem auch der Kandidat in Zukunft reüssieren möchte. Es ist verständlich, dass ein Sachverständiger das Feld seiner Expertise möglichst breit aufstellen möchte, er darf aber darob nicht auf dessen Tiefe verzichten. Nun, die Fragen meines Kollegen sind klar und präzise, die Antworten kommen etwas stockend, nicht allzu erschöpfend und nicht immer ganz richtig. Wie sich dann später zeigen wird, haben sie meinen Kollegen nicht davon überzeugt, dass der Kandidat in diesem Teilgebiet der Gebäudetechnik künftig als Sachverständiger glänzen würde können.

… dann aber Fachgespräch auf Augenhöhe

Dann bin ich mit meinen Fragen an der Reihe. Wie sich rasch zeigt, hat der Kandidat in den beiden Kompetenzfeldern, um die es hier geht, entweder sich gut vorbereitet oder aber – was wahrscheinlicher ist – grundlegende Praxiserfahrung. Es entwickelt sich etwas wie ein kurzes Fachgespräch auf Augenhöhe. Ein Kandidat muss nicht eloquent sein, wenn die Antworten richtig sind oder wenigstens ein Gefühl geben, dass das Gegenüber weiß, wovon es redet, soll es genügen. Die letzte Verantwortung darüber, ob er ausreichend beschlagen ist, sich auf eine Fragestellung des Gerichts einzulassen, wird immer beim Sachverständigen selber bleiben.

Das Komitee berät

Nach dem Frage-und-Antwort-Spiel verlässt der Kandidat den Raum und das Komitee startet seine Beratungen. Der Prüferkollege legt seine Sichtweise dar, ich die meine. Die Entscheidung des Gremiums muss eindeutig ausfallen, es darf später nicht von einem Mehrheitsentscheid gesprochen werden. Ein vom Kandidaten begehrtes Teilfach wird abgelehnt. Die Ablehnung wird genau begründet. Es hat keinen Sinn, ja wäre sogar verantwortungslos, würde man Teilwissen durchgehen lassen, man würde weder den künftigen Auftraggebern etwas Gutes tun und dem Kollegen schon gar nicht …

Comments are closed.

Copyright ©2012 Ing. R. Sonnek GmbH