Sonnek

Turm

„Der Kinder und der Narren Mund tun den Menschen Wahrheit Kund“ – so oder ähnlich lautet eine alte Volksweisheit. Jetzt ist das so eine Sache mit den Narren und der Wahrheit. Für die draußen sind die Narren nicht normal. Keiner nimmt sie ernst, auch wenn sie die Wahrheit sagen. Die Narren im Turm, um die es hier geht, sehen das spiegelverkehrt, sich als normal – sofern man halt überhaupt normal sein kann. Und die draußen sind aus Sicht der Narren manchmal echt seltsam und es ist oft schwierig, sie ernst zu nehmen. Unendlich dankbar sind die drinnen aber für das Geschenk, das die draußen ihnen, den Narren, gewährt haben: Die Narrenfreiheit!

Diese Freiheit ist für die Narren im Turm ein kostbares Gut, garantiert sie doch ein hohes Privileg: Den Luxus, eine eigene Meinung besitzen und auch äußern zu dürfen. Das ist nützlich für die Seelenhygiene, stressverhindernd und somit gesundheitsfördernd. Schließlich wird jemand aus der Narrenzunft nicht medial fertiggemacht, bedroht, gelöscht und landet auch nicht vor einem Gericht, wenn er einmal – absichtlich oder versehentlich – eine unangenehme Wahrheit ausspricht. Oder beispielsweise ein Narr jemanden in der Hitze der Diskussion einen Idioten nennt. Selbst wenn dies zuträfe, könnte der so Adressierte dies elegant ignorieren, denn das könne ja nur ein Narr behaupten. Ein Narr kann ja auch wirklich folgenlos aussprechen, was er denkt oder sieht. Die Narren im Turm sind deshalb ein munteres und unbeschwertes Völkchen.

Nicht berieselt, aber informiert

Das auch deshalb, weil sie schon vor Jahrzehnten ihr einziges Fernsehgerät entsorgt hatten und seither den Konsum sonstiger Massenmedien eher zurückhaltend und wählerisch anlegten. Seltsamerweise schienen sie auch Außenstehenden zufolge, die mit ihnen regelmäßig zu tun hatten, über wirklich wichtige Dinge trotzdem oder gerade deswegen recht gut und aktuell informiert zu sein. Was die kontaktierenden Zeitgenossen auch verwunderte, waren die in der Behausung der Narren allerorten vorzufindenden Stapel an Zeitschriften und Büchern über unterschiedlichste Interessensgebiete. Was die Turmbewohner aber damit zu erklären wussten, dass die Gemeinschaft der „Büchernarren“ als eine ihrer Art zugehörige Unterkategorie anzusehen und bei ihnen willkommen sei.

Wer kennt sich in Ver-rückt-heiten aus?

Zurück zum Thema. Narren denken bekanntlich unkonventionell. Das nach Bedarf einlullende oder aufstachelnde von Massenmedien verbreitete betreute Denken stellte für sie keine Verlockung dar. Was sie aus Narrensicht zu stören begann war, dass früher geltende Grenzen längst aufgeweicht worden seien. Wer könne noch nachweisbare Tatsachen einerseits und Erfindungen, Meinungsmache oder unverhohlenen Lügen andererseits auseinanderhalten? Wirklich wichtige Angelegenheiten öffentlicher Natur seien nicht mehr zu unterscheiden von solchen aus künstlich aufgebauschter Wichtigkeit. Das erschien den Narren ver-rückt und trieb sie dazu an, sich ihrer Verantwortung entsprechend in Debatten einzubringen. Daher soll hier in Zukunft fallweise und anlassbezogen über Meldungen aus dem Narrenturm berichtet werden.

Das Match Solarmoduln gegen Ackerflächen

Für heute meldete sich aus dem Turm der Techniknarr zu Wort. Er habe gehört, in der Steiermark laufe eine Auseinandersetzung um Nachhaltigkeit – oder was man darunter gerade halt so verstehen würde. Konkret wolle man ein paar Quadratkilometer agrarisch genutztes Ackerland mit Solarmoduln zupflastern. Dagegen würden sich jene sturen Bauern wehren, die nach wie vor ihren Grund für den Anbau von Lebensmitteln und Futterpflanzen zweckentfremden wollten. Aber die Solarfritzen würden mit schönen Pachterträgen locken. Außerdem müsse man an die armen Verkehrsteilnehmer denken. Wo sonst sollten sie denn den Öko-Strom für die künftig massenhaft herumkurvenden Elektrovehikel hernehmen? Jawoll, woher denn sonst? Und außerdem: Klimaschutz habe doch Vorrang, oder? Zudem habe sich das Land verpflichtet, soundso viel Strom aus Solarenergie zu erzeugen, die lächerlich wenigen verfügbaren Dächer allein reichten dazu bei weitem nicht aus …

Der Techniknarr sieht das auf seine Weise

Der Techniknarr sieht in Großanlagen zur Solarstromerzeugung in unserer Region schlicht einen Irrweg. Solarenergie sei überhaupt nur sinnvoll, wenn sie dezentral, vor Ort oder in unmittelbarer Nähe genutzt werden könne. Und sich dazu auf geeignet orientierte Haus- oder Hallendächer beschränke. Dabei solle man es bewenden lassen. Die vielen draußen frei laufenden „Experten“ mögen endlich einsehen, dass erneuerbare Energie geringe Energiedichten aufweise und viel, oft zu viel Raum benötige. Großflächige, „großindustrielle“ Erzeugung von Solarstrom sei bei derzeitigem und absehbarem Stand der Technik schlicht ein Unsinn. Die sogenannte „Energiepolitik“ müsse sich ändern, vielleicht diesmal sogar mit Einsatz von etwas Hirnenergie. Und nicht überzogenen Denkansätzen hinterherhecheln und Gewaltlösungen forcieren. Oder gar Solarenergie gegen Ackerflächen ausspielen. Meint der Techniknarr, der missbilligend seinen Kopf schüttelt, bevor er rasch sein Turmfenster schließt.

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