In einem lesenswerten Kommentar der Neuen Zürcher Zeitung vom 17.09.2020 geht deren EU-Korrespondent Christoph G. Schmutz mit der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Vortag vorgestellten und nunmehr verschärften EU-Klimapolitik hart ins Gericht. Sorgsam mit der Natur umzugehen sei wichtig, niemand wolle ernsthaft behaupten, es lohne sich, den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Aber es gäbe verschiedene Wege, um menschlichen Einfluss auf das Klima zu vermindern. Leider setze von der Leyen dafür stark auf Interventionismus und Bevormundung statt auf ökonomische Anreize.
Umweltschutz gehe aber auch ohne Bevormundungen, wie sie die EU-Kommission vorsieht. Christoph G. Schmutz führt unter anderem aus (Zitate kursiv):
Europa soll bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Um diese Vorgabe zu erreichen, will die deutsche Kommissionspräsidentin das geltende Zwischenziel bis 2030 verschärfen. Strebte die EU bisher im Vergleich mit 1990 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent an, sollen es neu «mindestens» 55 Prozent sein.
Des Weiteren schreibt er:
Ein nüchterner Blick auf die Zahlen erinnert an die globale Dimension des Problems. Im vergangenen Jahr war China für 30 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, die USA für 13 Prozent und die EU (inklusive Grossbritannien) für knapp 9 Prozent. Während die USA (–2,6 Prozent) und die EU (–3,8 Prozent) ihren Ausstoss gegenüber 2018 verringerten, nahm er in China weiter zu (+3,4 Prozent). Was also nützt es, wenn die EU-Kommission unter gigantischen Kosten sämtliche Häuser in Europa energetisch sanieren lässt, während gleichzeitig China bei sich und im Ausland neue Kohlekraftwerke baut? Die Kommission täte gut daran, den globalen Aspekt der Problematik genügend stark zu gewichten. Dem Planeten dürfte es egal sein, wo Treibhausgase eingespart werden. Aber aus ökonomischer Sicht sollten die Einsparungen dort erfolgen, wo sie am günstigsten erzielt werden können. Das ist kaum immer in Europa.
Warum will EU-Europa unbedingt immer Vorzugsschüler sein? Warum sollen wir die Welt retten, wenn dies allein schon sachlich gesehen nicht möglich ist? Warum will man dies unbedingt mit der Brechstange erreichen? Der Autor sieht grundsätzlich einen einen besseren Weg:
Geradezu genüsslich macht sich die EU-Kommission daran, in sämtliche Lebensbereiche der Menschen und in die Märkte einzugreifen. Die Kommissionspräsidentin will nicht nur, dass die Bevölkerung in der EU der Natur mehr Sorge trägt, sie soll auch anders produzieren, konsumieren, leben, arbeiten, essen, heizen, reisen und Güter transportieren. Das ist eine Bevormundung. Damit einher geht die Selbstüberschätzung, für alle Umweltprobleme die richtigen Lösungen zu kennen. Unter starkem französischem Antrieb glaubt die EU derzeit, beispielsweise gezielt auf Batterien und Wasserstoff setzen zu müssen. Doch solche Technologie-Entscheide sollte man besser den Akteuren in den Märkten überlassen.
Statt überall zu intervenieren, sollte Brüssel stärker auf die Vorzüge marktwirtschaftlicher Mechanismen setzen. Das europäische Emissionshandelssystem ist ein richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung. Preissignale können Erstaunliches bewirken, und das manchmal an Orten, die zuvor niemand erahnte. Schliesst der Preis für Treibstoff und Heizöl die Kosten der Umweltverschmutzung mit ein, machen sich Autofahrer und Hausbesitzer ihre Gedanken und stellen Berechnungen an. Einnahmen aus solchen Systemen sollten dann an die Bürger zurückfliessen und damit netto diejenigen belohnen, die sich umweltfreundlich verhalten. Das ist viel wirksamer, als wenn die öffentliche Hand versucht, als eine Art ökologischer Investitionsfonds zu agieren und auf gewisse Technologien zu setzen. Die Planwirtschaft würde Ursula von der Leyen auch in Umweltfragen besser China überlassen.
Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen!
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