Informationsgesellschaft – Aus Sicht der Wirtschaft ist das die Bezeichnung für den Zeitabschnitt, dessen Beginn zumeist am Anfang der Neunziger Jahre verortet wird und in dem wir gerade leben. Zugleich aber sind wir Teil der Dienstleistungsgesellschaft, die in den Sechzigern begonnen hat und immer noch andauert. In Österreich werden etwa siebzig Prozent der Wirtschaftsleistung in diesem sogenannten tertiären Sektor erarbeitet. Das Spektrum von Dienstleistungen ist sehr breit und reicht von ganz einfachen bis hin zu komplexen. Zu letzteren gehört auch die Tätigkeit von Sachverständigen.
Warum sollen sich Sachverständige mit dem Thema Dienstleistungen befassen? Sie haben ja sonst schon genug Anforderungen zu genügen! – Eine im ersten Moment berechtigte Frage. Sieht man aber auf die Zusammenhänge, ergibt sich ein gänzlich anderes Bild: Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Wesen und den Besonderheiten von Dienstleistungen ist unerlässlich. Der Grund dafür ist einfach: Nur wer den Anforderungen der Kunden genügt, kann auf Dauer bestehen. Die meisten Sachverständigen erwerben das notwendige Wissen eher nebenbei und unvollständig. Daher folgt ein extra-kurzer Crash-Kurs zum Thema.
Elemente von Dienstleistungen
Dienstleistungen definieren sich im Allgemeinen als Waren, die zum überwiegenden Teil aus nichtmateriellen Leistungen bestehen. Alle Dienstleistungen weisen stets drei Elemente auf, die man kennen und in der gesamten Tätigkeit immer im Auge behalten muss. Wir nennen sie hier Potenzial, Prozess und Produkt.
Damit gemeint ist folgendes:
- Unter Potenzial fassen wir all das zusammen, was Sachverständigen für ihre Tätigkeit zur Verfügung haben: Ausbildung, Wissen, Erfahrung, Kompetenzen, Können und Kenntnisse, finanzielle und andere materiellen Ressourcen, z. B. Büroausstattung, IT-Infrastruktur, Software, Sonderkenntnisse etc., aber auch Zugriffmöglichkeiten auf Wissen aus Netzwerken, auf Kapazitätserweiterungen oder Kontakte zu Forschungsinstituten, Ausbildungsstätten oder Behörden.
- Mit Prozess ist nicht etwa ein Gerichtsverfahren gemeint, sondern die Vorgangsweise, Art und Methodik der Durchführung eines Gutachtensauftrages. Darunter fallen etwa die Kontakthaltung und Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, die Zugänglichkeit oder Erreichbarkeit in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht, aber auch so grundlegende Erfordernisse wir Aufbau und Erhaltung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit oder die Handhabung von Fehlern und Mängeln.
- Letztens bezieht sich der Begriff Produkt auf das Ergebnis der Arbeit des Sachverständigen, also in erster Linie das Gutachten, genauso aber alle begleitenden Tätigkeiten, wie etwa eine Gutachtenserörterung, die Vornahme einer Warnung in einem Gefahrenfall oder – unter bestimmten Bedingungen – eine Beratung, die z. B. in einem Bericht dokumentiert ist.
Qualitätsbeurteilung durch die Auftraggeber
Diese drei Elemente sind deshalb von Bedeutung, weil Auftraggeber an diesen Elementen auch die Beurteilung der Qualität vornehmen:
- Die Potentialqualität in der Form, als der Kunde seine Meinung über die Fähigkeiten bildet, die letztlich sehr stark das Maß an Vertrauen zum Sachverständigen bestimmen, das ausschlaggebend sein kann für künftige weitere Geschäftsbeziehungen
- Die Prozessqualität in der Weise, dass der Auftraggeber sehr genau beobachtet, wie Sachverständige den Auftrag abwickeln, wie Mitarbeiter reagieren, wenn es Probleme gibt, wie zeitliche und finanzielle Vereinbarungen eingehalten werden etc.
- Die Produktqualität in der Weise, dass der Auftraggeber prüft, ob und wie weit die Ergebnisse der Gutachtertätigkeit hilfreich sind und den Erwartungen entsprechen, ob ein Mehrwert gegeben ist oder ob ergänzende Hilfen angeboten werden können.
Sachverständige können durch diese Gliederung effektiver notwendige Maßnahmen zur Kundenwunscherfüllung setzen.
Eigenschaften von Dienstleistungen
Was zwar jedem Dienstleister klar ist, sollte auch bewusst und im Vorfeld der gesamten Tätigkeit beachtet werden, damit entsprechend begleitende Maßnahmen gesetzt werden können: Dienstleistungen sind nicht lagerbar, immateriell und heterogen. Was bedeutet das für Sachverständige?
Dienstleistungen sind
- nicht lagerbar, was logischerweise bedeutet, dass sie nicht auf Vorrat produziert werden können, was eine gute Kapazitätsplanung nötig macht.
- immateriell, was zur Folge hat, dass ihre Qualität erst im Nachhinein, also nach der Erbringung, beurteilt werden kann. Das erfordert Aufbau von Vertrauen bereits im Vorfeld der Auftragserteilung
- heterogen, was bedeutet, dass Aufträge immer anders sind und schwer standardisierbar sind. Allerdings ist es durchaus möglich, den Ablauf von Aufträgen zu standardisieren.
Konsequenzen für Sachverständige
Mit den genannten Erfordernissen durch Elemente und Eigenschaften müssen sich Sachverständige intensiv und präventiv auseinandersetzen, wollen sie auf Dauer erfolgreich sein. Wie bereits angeklungen, ist es dringend ratsam, das bereits vor oder spätestens mit Aufnahme der Sachverständigentätigkeit zu tun.
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