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Ein verantwortungsbewusster Sachverständiger ist bestrebt, sein fachspezifisches Wissen aktuell zu halten. Er tut aber gut daran, ebenso in seinem funktionsbezogenen Wissen sattelfest zu bleiben. Damit sind jene Kenntnisse gemeint, deren Vorhandensein für ein reibungsloses „handwerkliches“ Wirken des Gutachters unerlässlich sind. Die eben den Fachmann zum Sachverständigen machen. Auch diese Kenntnisse sollten regelmäßig aufgefrischt werden, zum Beispiel durch einen Blick in die Fachliteratur. Heute wollen wir uns dazu wieder einige bemerkenswerte Ausführungen ansehen.

Claus G. Cors war Lehrender im Haus der Technik in Essen, damals ein Außeninstitut der RWTH Aachen, Deutschland. Er war dort Leiter des Seminars „Sachverständiger – wie werde ich das?“ und ist in logischer Konsequemz Autor des umfassenden Sachbuchs „Handbuch Sachverständigenwesen“ vom Vulkan Verlag Essen, aus dessen 4. Auflage nachstehend zitiert wird. Seinem fachlichen Hintergrund entsprechend zielen die Aussagen von Cors in erster Linie auf Sachverständige aus technischen Fachbereichen, sind nichtdestotrotz für alle anderen Gebiete von Interesse.

Es ist davon auszugehen, dass der Inhalt der Zitate einem Sachverständigen zumindest grob und unbewusst geläufig ist. Dennoch ist die gedankliche Beschäftigung mit den Zitaten erhellend, hilfreich und damit lohnend, weil dadurch der eigene Wissensschatz um wichtige Fakten erweitert wird und Zusammenhänge vertieft bewusst gemacht werden können.

Die Zitate sind wiederum kursiv wiedergegeben, Seitenangaben sind in Klammern gesetzt.

Zu Wesen und Tätigkeit der Sachverständigen allgemein (S. 12):

Das Sachverständigenwesen ist keinem Zeitgeist unterworfen. Es dient allein der Sache. Das wichtigste am Sachverständigenwesen ist auch nicht der Sachverständige. Das wichtigste sind die Sorgen der Verbraucher und der Rat- und Rechtsuchenden. Hierbei geht es nicht um die Person, sondern um deren Anliegen, also um die Sache. Deshalb: Sachverständiger.

Der Sachverständigentätigkeit verwandt ist die Ingenieurleistung. Funktionsfähigkeit und Standsicherheit haben keine Alternative. Sie sind von Grund auf ehrlich und an der Aufgabe orientiert. Der Ingenieur hat von seiner Ausbildung her gelernt, mit technischen und sachlichen Mitteln nach brauchbaren Lösungen zu suchen. Neben das technische Fachwissen muss dann das Wissen um Rechtszusammenhänge treten. Das gleiche gilt sinngemäß für die Angehörigen anderer Fachgebiete.

Um Sachverständiger zu sein, braucht es einen Entwicklungsprozess von Fachwissen über den Sachverstand zur Sachkunde (S. 76):

Nach erfolgreichem Studium darf bei entsprechender Allgemeinbildung ein grundlegendes Fachwissen vorausgesetzt werden. In Verbindung mit sachverständigen Aufgaben aus der Praxis kann sich das Verständnis von Zusammenhängen als Sachverstand entwickeln. Die Sachkunde tritt ein, wenn Wissen aus Theorie und Praxis verknüpft sind und als Berufs- und Lebenserfahrung weitergegeben werden können.

Zu den Grenzen der Sachverständigentätigkeit (S. 84):

Zwei Belange bewirken die Grenzen der Sachverständigentätigkeit. Fachlich sind dies der Rahmen des eigenen Fachwissens und das Tabu der Beurteilung von Rechtsfragen.

Zu Inhalt und Form eines Gutachtens (S. 87):

Der Inhalt des Gutachtens orientiert sich an der Aufgabe. Ein gegliedertes Gutachten enthält einen beschreibenden Teil, einen berechnenden Teil, einen bewertenden Teil und ggf. einen begründenden Teil.

Zur Aufgabe eines Gutachtens (S. 92):

Ein Gutachten ist nie Selbstzweck. Es dient immer der Lösung einer Aufgabe.

Gutachten sollen nicht neue Probleme schaffen, sondern zu Lösungen führen, die auch die Mitwirkung des Sachverständigen bei der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten miteinschließen.

Zum Thema falsche Gutachten (S. 111):

Bereits 1970 wies der Strafrechtslehrer Karl Peters in dem aufsehen erregenden Werk „Fehlerquellen im Strafprozess“ auf das Problem von Fehlurteilen aufgrund falscher Gutachten hin. Der Wissenschaftler hatte über 1000 Prozessakten aus Wiederaufnahme-Verfahren untersucht, in dem Gutachten enthalten waren. Danach machten die Gutachter im Wesentlichen folgende Fehler:

-        Verdecken von mangelndem Fachwissen.

-        Missverstehen des eigenen Auftrages oder Überschreitung der eigenen Rolle als Gutachter.

-        Unterlassung von weiteren notwendigen Feststellungen.

-        Voreilige, unrichtige Schlüsse, Darstellung von Annahmen als Tatsachen.

Zum Verhalten des Sachverständigen in der Gerichtsverhandlung (S. 117):

…sollte sich der Sachverständige so intensiv vorbereiten, dass er alle Zusammenhänge so verinnerlicht, wie ein guter Kellner mehrere Bestellungen von verschiedenen Tischen im Kopf aufnimmt, behält und fehlerfrei an die Küche weitergibt. Der Sachverständige kann sich auch ein schriftliches Konzept erstellen. Bei der Vernehmung aber öffnet er seinen Koffer mit den Notizen zunächst nicht. Er ist sich aus gutem Grund sicher über das abverlangte Wissen und seine Zusammenhänge aus dem Gutachten.

Mit diesem eigenen Gefühl der in sich ruhenden Sicherheit signalisiert der Sachverständige – „ich weiß Bescheid“. Das ist eine gute Ausgangsbasis für die Verhandlung.

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