Sonnek

Konflikt

Wissen ist nicht vergleichbar mit einem Kuchenstück, das umso kleiner wird, je mehr wir mit anderen teilen. Im Gegensatz dazu wächst geteiltes Wissen. Vorausgesetzt natürlich, dass andere es nutzen und auch anwenden können. Es kann sich dann sich umso stärker weiterentwickeln, je mehr es erfahren und gebrauchen. Und nützliches Wissen gibt es zuhauf. Gerade Freiberufler, die schon lange „am Markt“ sind, wundern sich oft selber, was sie alles an Wissen bieten können, etwa dann, wenn sie von jüngeren um Rat gefragt werden. Apropos Markt: Sollen wir unser Wissen auch mit Konkurrenten – netter gesagt: Mitbewerbern – teilen?

Instinktiv verneinendes Kopfschütteln? Tatsache ist doch, dass wir als geistig-schöpferisch tätige Selbstständige oder Freiberufler davon leben, dass wir unser Wissen Auftraggebern gegen Bezahlung eines Honorars zur Verfügung stellen. Na klar, das Teilen dieses Schatzes mit einem Mitbewerber sieht auf den ersten Blick nach einer heiklen Sache aus, an der es nichts zu gewinnen gibt. Aber spricht wirklich alles dagegen? Gibt es auch Pro-Argumente, die man in die Waagschale werfen kann? Versuchen wir eine möglichst nüchterne Bestandsaufnahme.

Argumente dagegen

Das kräftigste und logisch scheinende Argument gegen Weitergeben seiner Kenntnisse lautet doch: Wer sein Wissen, ja vielleicht sogar sein Kernwissen einem Mitbewerber mitteilt, begibt sich seiner ureigenen Stärke, mit der er doch sein Einkommen erwirtschaftet. Das klingt einleuchtend, gehen wir doch nach gängiger Vorstellung davon aus, dass ein Wissensvorsprung zugleich einen Wettbewerbsvorsprung darstellt. Kein vernünftiger Mensch verzichtet folgerichtig auf einen Vorteil, den er möglicherweise mit viel Schweiß und Aufwand erringen hat können. Aber ist das wirklich so?

Welchen Marktwert hat Wissen?

Es gibt eine andere Sichtweise, die das bezweifelt. Und die hat damit zu tun, dass ein Experte sein Fachwissen mit seinem Marktwert gleichsetzt: Je mehr ich weiß, desto mehr Chancen habe ich. Das aber kann ein völliger Irrtum sein. Warum? Ganz einfach deshalb, weil ein Klient auf der Suche nach einem Experten, der ihm helfen kann, nach anderen Kriterien sucht – ja suchen muss – als nach bloßem Fachwissen. Wer von zwei Sachverständigen, die da vor ihm stehen, kommt in Frage, denn jeder hält sich für einen Spitzenmann! Wonach urteilt der Hilfesuchende? Er wird wohl den nehmen, dem er eher vertraut.

Auswahlkriterien für Experten

Er wird bei Bekannten herumfragen, herumhören, für einen oder den anderen Empfohlenen vielleicht Referenzen vergleichen. Empfehlungen sind ihm als erste Orientierung wichtig. Er wird persönlichen Kontakt suchen, Gespräche führen, kann danach schon etwas über die soziale Kompetenz des anderen aussagen. Wird die Persönlichkeit einschätzen, sich fragen, ob die Chemie stimmen wird. Sich dann entscheiden, wem er sein Vertrauen schenkt. Eines aber wird er mit Sicherheit nicht als Entscheidungsgrundlage heranziehen, ganz einfach deshalb, weil er es nicht beurteilen kann: Das Fachwissen der Experten.

Die Rolle von Vertrauen

Was bedeutet das jetzt für unseren Wissensvorteil? Er wird von uns selbst überbewertet! Das behaupte ich jetzt. Vielleicht hat sich der eine oder andere schon einmal gewundert, warum ihm ein Fachkollege vorgezogen wurde, von dem sogar die anderen Kollegen behaupten, seine fachliche Kompetenz ruhe auf einem sehr wackeligen Fundament. Der aber trotzdem regelmäßig gute Aufträge an Land zieht. Und bei dem es nachher vielleicht Probleme gab. Was ist da passiert? Antwort: Der Kunde hat ihm Vertrauen geschenkt, genau auf die Weise, wie vorhin geschildert wurde.

Wann Wissen wirklich Marktwert hat

Daher meine Schlussfolgerung: Geringe und daher leicht einholbare Wissensvorsprünge sind für die „Marktmacht“ einzelner Experten ohne Bedeutung, weil Klienten ohnehin andere Auswahlmaßstäbe ansetzen als fachliche Kriterien. Expertenwissen hat nur dort Marktwert, wenn es so außergewöhnlich ist, dass potentielle Mitbewerber nicht mehr willens oder in der Lage sind, es anzubieten. Denn dann hat dieser Experte ein Alleinstellungsmerkmal erreicht, das ihn für sein besonderes Fach zur exklusiven Adresse macht, egal, wie seine sonstigen Kompetenzen aussehen …

Was meinen Sie dazu? Ihre Reaktion würde mich freuen!

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