Sie sind Stammgast bei verschiedenen Gerichten. Sie sind in ihrer handwerklichen Arbeit gelinde gesagt unterklassig. Statt solider Lösungen schaffen sie Probleme noch und noch. Von der Einhaltung technischer Regeln oder der Beachtung von Normen scheinen sie grundsätzlich befreit. Wenn Kunden reklamieren, reden sie sich lang und breit heraus oder scheinen nicht zu verstehen, bis Kunden entnervt das Handtuch werfen. Ihr Ruf bei Fachkollegen ist denkbar schlecht, was sie aber nicht im Geringsten zu berühren scheint. Seit Jahren ziehen sie eine installationstechnische Blutspur durchs Land, sind aber trotzdem felsenfest im Geschäft.
Die Rede ist von schwarzen Schafen im Installationsgewerbe, denen ein Sachverständiger in seiner Laufbahn genauso sicher immer wieder begegnet, wie der Halley’sche Komet einem Astronomen. Obwohl Sachverständige diesen Installateuren für die wiederkehrende Arbeitsbeschaffung dankbar sein müssten, sind sie es nicht. Das Wiedersehen bei der Befundaufnahme oder im Gericht erweckt keine Begeisterungsstürme, sondern sorgt nur mehr für säuerliches Grinsen auf beiden Seiten. Man kennt sich ja mittlerweile schon recht gut, weiß, wie der jeweils andere tickt und was man voneinander zu erwarten hat.
„Es hat eh immer alles gepasst!“
Die Grundhaltung des schwarzen Schafes vor Gericht lässt sich etwa so beschreiben: „Ich weiß gar nicht, warum ich hier bin, ich bin völlig ahnungslos, denn bei der letzten Besprechung mit dem jetzigen Kläger, mit dem wir als Kunde immer gut ausgekommen sind, habe ich gehört, dass eh alles bestens funktioniert und in Ordnung ist. Ich bin deshalb sehr verwundert, dass noch nicht alles bezahlt ist. Wie gesagt, wir haben uns immer sehr bemüht, alles richtig zu machen. Dass etwas nicht stimmt, habe ich hier das erste Mal gehört. Wenn der Kunde mir gesagt hätte, dass etwas nicht passt, hätte ich das sofort behoben, so wie wir das immer machen.“
Nur nicht bewegen …
Also ist das schwarze Schaf wieder einmal als Beklagter vor Gericht. Vorhalte der Richterin und Nachweise von Tatsachen berühren das schwarze Schaf wenig. Von Fakten scheint es unbeeindruckt. Es zeigt sich unbeweglich und träge und ist nicht gewillt, die für den Kläger-Kunden unersprießliche Situation durch auch noch so geringes Entgegenkommen zu entspannen. Das schwarze Schaf fühlt sich nach wie vor im Recht und sieht sich von jeglicher Verantwortung befreit. Zweifel an seiner Lauterkeit hatte es ohnehin nie. Irgendwie ähnelt seine Strategie dem Beamtenmikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.
… damit der anderen Seite unwohl wird
Immer mehr unwohl hingegen fühlt sich die Gegenseite. Da hat der Sachverständige in seinem Gutachten den Großteil der Forderungen des Klägers für plausibel erklärt und auch die Richterin scheint sich den Argumenten zuzuneigen, aber irgendwie beginnt das Pendel wieder zurückzuschlagen, ohne dass man wüsste, warum das so ist. Leise Zweifel an der eigenen Position keimen auf, weil man weiß, dass die Richterin einen Vergleichsversuch machen wird. Und wenn der andere sich derart in seinen Standpunkt als Unschuldslamm einbunkert und keinen Spielraum erkennen lässt, wird man wohl oder übel selber als gutes Beispiel vorangehen müssen …
Vergleich heißt, dass beide Parteien Federn lassen müssen
Natürlich wird jetzt das schwarze Schaf ebenfalls nachgeben, aber nur so viel, dass der Vergleichsversuch gerade noch nicht scheitert. Denn es weiß sehr wohl, dass ein Gerichtsurteil teurer käme und unangenehmer wäre. Ein Vergleich ist dem schwarzen Schaf erfahrungsgemäß das Liebste, spekuliert es doch auch darauf, dass sich in der Praxis bei der Erfüllung der Auflagen und Vereinbarungen noch dies oder jenes entschärfen lässt. Es wird ja nicht immer so heiß gegessen, wie gekocht wird. Tja, und wir wollen alle miteinander nicht zu viel Zeit vergeuden mit solchen Dingen, schließlich warten schon die nächsten Aufträge …
Optimistischer Ausblick, aber nüchterner Nachsatz
Mit den meisten Unternehmern hege ich die Hoffnung, dass sich negative Umstände bessern lassen und dass wir einen wichtigen Teil dazu beitragen können. Unternehmer sind halt in ihrer Mehrzahl Optimisten. Dazu gehört auch, auf nicht weiße Schafe in eine Richtung einzuwirken, dass sie allmählich willens sind, ihren korrekten Beitrag zu einer florierenden Wirtschaft leisten. Jede schlechte Arbeit bringt Probleme, die vor Gericht landen können. Das wiederum kann nie im Interesse eines guten Unternehmers sein.
Sehen wir Sachverständige der Wahrheit ins Auge: sich aus schlechter Arbeit ergebende Auseinandersetzungen stellen volkswirtschaftliche Reibungsverluste dar, die letztlich indirekt den Preis für Leistungen erhöhen. So gesehen sind auch Honorare für Sachverständige ein Teil dieser Reibungsverluste. Ich bin übrigens nebenbei bemerkt noch keinem Sachverständigen begegnet, der sich um Gerichtsaufträge “reißt”, wie man so sagt. Vielleicht gibt es einige. Für weitaus die meisten aber ist jeder Gutachtensauftrag eine herausfordernde Verpflichtung, die man vor Übernahme sorgsam abwägt, der man mitunter gerne nachkommt, weil sie spannend sein kann, lehrreich und manchmal vielleicht auch lukrativ, von der man aber auch froh ist, wenn sie hinter einem liegt …