„Es geht mich direkt zwar nichts an, aber diese Situation kann ich einfach nicht ignorieren. Wenn hier keiner eingreift, kann das für das betroffene Projekt äußerst unangenehm werden, nicht nur wegen einer beträchtlichen Zeitverzögerung, sondern auch wegen der dann explodierenden Kosten.“ Der Techniker hätte das dräuende Problem ignorieren können, für ihn hätte das keine Probleme verursacht. Stattdessen macht er sich die Mühe, den Projektleiter auf die Sachlage aufmerksam zu machen, wohlweislich riskierend, dass der anfangs verschnupft reagieren könnte. Der Techniker hat schlicht und einfach Verantwortung übernommen.
Das ist – leider – nicht selbstverständlich. Einerseits wegen der erwähnten Mühen und Scherereien, andererseits auch deshalb, weil mit einer Intervention wie der oben geschilderten immer etwas hängen bleibt und auch nachwirkt. Denn vielleicht muss sich der verantwortungsbewusste Techniker nachher rechtfertigen, weil er dadurch anderswo Zeit verloren hat, oder weil er dadurch etwas verpasst hat, was zwar wesentlich weniger wichtig war, aber halt auch irgendwie wichtig. Und der erst recht Probleme bekommt, wenn er zur Kenntnis nehmen muss, dass die Aktion überzogen oder letztendlich gar nicht nötig war.
Erwachsen sein
Auf die Frage, wann man erwachsen ist, gibt es eine Menge Antworten. Mein Sohn hat dazu gemeint, ein Kind denkt, dass die Erwachsenen wissen, wie die Welt läuft; erwachsen sei man dann, wenn man erkennt, dass die Erwachsenen auch nicht wüssten, wie die Welt läuft. Mein Ansatz: Erwachsen ist man dann, wenn man einsieht, dass man im Grunde auf sich allein gestellt ist und akzeptiert, dass einem von sich aus und ungebeten keiner hilft. Eine allgemein gültige wäre wohl die: Erwachsen ist der, der bereit ist, für sich, sein Tun und für die ihm anvertrauten Menschen volle Verantwortung zu übernehmen.
Marschgepäck
Im Geschäftsleben läuft ohne Wahrnehmen von Verantwortung ohnehin gar nichts. Dass zum Beispiel der Eintritt in die Selbstständigkeit eine ganz schöne Last sein kann, ist auch einem Außenstehenden klar, zumal sich diese meist noch zu den ohnehin bestehenden Pflichten für eine Familie gesellt. Aber das Schultern eines Rucksacks der Verantwortung bringt Handlungs- und damit Gestaltungsfähigkeit mit sich, sodass sich im Spannungsfeld von Ordnung und Sicherheit einerseits und Unordnung und Chaos andererseits eine akzeptable Balance erreichen lässt. Nur wer Verantwortung übernimmt, wird ernst genommen.
Ganz oder gar nicht
Damit sind wir bei einem weiteren wesentlichen Aspekt: Verantwortungsträger sind gezwungen, durchschlagskräftig und zielgerichtet zu agieren, mit Fleiß und Ausdauer, denn sonst gibt es keine Ergebnisse, von nix wird nix. Denn der Rucksack von vorhin ist Marschgepäck und dann am leichtesten, wenn man sich bewegt und dabei auch weiterkommt. Stillstand und Faulheit sind keine Option, wer zu ihnen tendiert, ist bald weg vom Fenster, volles Engagement ist gefordert. Das muss all denen klar sein, die von außen schauen und überlegen, selbstständig zu werden. Ein bisschen Verantwortung geht nicht, es gilt: ganz oder gar nicht.