Ein Gerichtssachverständiger ist in seiner Tätigkeit von Juristen umgeben, im Fall einer Verhandlung üblicherweise von dreien, dem Richter und den beiden die Parteien vertretenden Rechtsanwälten. Das Verhältnis zu Juristen empfindet der Sachverständige als nicht immer einfach, sehr oft auch ist es spannungsgeladen, zumindest zu dem Rechtsanwalt, der die eine Partei vertritt, die eher im Nachteil liegt. Zudem kämpfen Sachverständige oft mit der Sprache der Anwälte und sind rhetorischem oder argumentativem Druck nicht gewachsen. Doch Sachverständige können von Juristen eine Menge lernen. Zum Beispiel verständliches Schreiben!
Wer jetzt ungläubig auflacht und an Schachtelsätze und verwickelte Formulierungen denkt, hat gewiss seine diesbezüglichen Erfahrungen gemacht. Aber das sollte der Vergangenheit angehören. Zumindest darf man das annehmen, wenn man seine Nase in manche juristische Literatur steckt und sich ungläubig die Augen reibt, wenn ein dicker Wälzer wie der Kodex Bürgerliches Recht (weit über tausend Seiten!) mit einer kleinen Stilkunde beginnt. Und das noch dazu verfasst von jemandem, dessen Namen sogar einem Laien ein Begriff sein müsste: Universitätsprofessor Dr. Werner Doralt.
Die Betroffenen erreichen
Doralt und sein Koautor Reinhard Hinger halten anfangs fest: „Einer plagt sich immer, der Autor oder der Leser.“ Sie meinen damit, dass sich bei einem Text entweder der Schreiber anstrengen muss oder der Leser, wobei im letzteren Fall der Leser geneigt ist, den Text beiseite zu legen, denn Leser plagen sich nicht gerne. Trotz aller Fachsprachen sollten Texte grundsätzlich so verfasst werden, dass die die Betroffenen erreichen. Anliegen der Autoren ist es, den Schreibstil verbessern zu helfen und sie zitieren dazu den Philosophen Friedrich Nietzsche: „Den Stil verbessern – das heißt den Gedanken verbessern.“
Ein paar Hilfen zur klaren Botschaft
Die Autoren machen sich dann die Mühe, dazu insgesamt 17 Regeln aufzustellen, von denen hier die ersten 6 genannt und kurz kommentiert seien:
1. Vermeiden Sie Schachtelsätze
Schachtelsätze bauen für den Leser Hürden auf, die er erst überspringen muss. Besser ist es, zu entflechten und leichter erfassbare Sätze zu bilden.
2. Vermeiden Sie zu lange Sätze
Auch hier ist Sorgfalt geboten. Ab etwa 20 Worten sollte man nach Ansicht der Autoren den Satz beenden.
3. Nicht zu viele Hauptwörter verwenden
Vorsicht besonders bei Wörtern mit der Endsilbe -ung, stattdessen sollte ein Zeitwort gewählt werden, statt etwa „Die Beschaffung wurde durchgeführt“ besser „wurde beschafft“.
4. Entfernen Sie sich nicht zu weit vom allgemeinen Sprachgebrauch
Wenn man vor Beginn genau weiß, was man sagen will, werden Sätze leichter verständlich, eine unnatürliche „gespreizte“ Sprache ist zu vermeiden.
5. Seien Sie sparsam mit dem Passiv
Sätze im Aktivum sind treffender, statt „Der Gegenstand wurde vom Kunden auf den Boden geworfen“ besser „Der Kunde warf den Gegenstand zu Boden.“
6. Sparen Sie mit „dass“-Sätzen
Zu viele Sätze hintereinander mit „dass“ machen einen Text holprig, auch sollten nicht mehrere „dass“ in einem Satz verwendet werden.
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Soweit wieder einige Tipps zu besseren Schreiben von Texten, diesmal von Kollegen aus der Juristenzunft. Haben Sie Anmerkungen dazu? Über Ihre Antwort würde ich mich freuen!