Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels im April 2018 stehen in den USA dreihunderttausend neue oder neuwertige Personenkraftwagen aus dem Volkswagenkonzern fein säuberlich aufgereiht auf riesigen angemieteten Abstellflächen und harren einem Gerichtsurteil entgegen, das über das weitere Schicksal dieser Fahrzeugarmada entscheiden wird. Die Fahrzeuge befinden sich durchwegs in tadellosem Zustand, haben aber eine Eigenheit, die den Behörden absolut missfällt: Sie werden allesamt von einem Dieselmotor angetrieben, der vom sogenannten Abgasskandal betroffen ist.
Der Volkswagenkonzern hatte die Fahrzeuge von den Besitzern zurückgekauft, was – wenn ich mich richtig erinnere – einen Aufwand von über sieben Milliarden US-Dollar verursachte. Spiegel Online hatte schon im März darüber berichtet. Wenn man diese Fakten vor Augen hat und sich damit in das Verkehrsgeschehen der Vereinigten Staaten von Nordamerika begibt, fallen einem zwangsläufig ein paar Dinge auf, die hier erwähnt werden sollen.
Individualverkehr
Das Land ist nach wie vor das Eldorado der großkalibrigen Benzinkutschen, der Pickups und der SUVs, der Familienwagen von ehrfurchtgebietender Größe, zum Teil allerdings doch mit sanften Tendenzen zur Selbstbeschränkung: Wenn man neben einem fast sechs Meter langen und zwei Meter breiten Chevrolet Suburban steht und vernimmt, dass dieses neueste Modell nur mit einem V8-Motor von sechs Liter Hubraum lieferbar ist – Treibstoff Benzin natürlich – und nicht mehr wie sein Vorgänger mit einem solchen von acht Liter, dann wird einem klar, dass Verzicht auch auf sehr hohem Niveau gespielt werden kann.
Gerechterweise muss man aber anmerken, dass im Gesamten gesehen und optisch und subjektiv betrachtet der Anteil mittelgroßer und kleinerer Gefährte überwiegt, wobei dieses Segment von den Marken her gesehen weitgehend japanisches Aufmarschgebiet zu sein scheint, sieht man von einigen wenigen europäischen Einsprengseln ab. Und natürlich gibt es auch hier Motorräder, wie bei uns aber eher zu mehreren und an den Wochenenden.
Eigenes Fahrzeug ist muss. So man nicht chauffierende Gastgeber hat, ist man in diesem Land allein schon aufgrund der beträchtlichen Entfernungen ohne eigenes Auto schlichtweg verloren. Apropos: Die Frage nach der Anzahl der Meilen bis zum nächsten Ziel wird mit Erstaunen, Unverständnis und Unkenntnis quittiert: Fahrtdistanzen werden hierzulande nur in Zeitabschnitten gemessen – halbe Stunden, Stunden, Tage … aber wieviel Meilen? I don’t know!
Einen Fußmarsch machen, gut. In den Park, in den Wald, OK. Oder auf einem Wanderweg, einem Trail. Aber eine Landstraße entlang gehen? Wie bitte? Auch nur die zwei Meilen zum historischen Nachbarort? No way! Kommt nicht in Frage, viel zu gefährlich, hier geht doch keiner zu Fuß, man könnte übersehen werden. Gehsteige? Gibt es nur in den größeren Städten und in den Einkaufsstraßen. Straßen sind zum Fahren da. Und sie sind augenscheinlich überall in sehr gutem Zustand.
Ach ja, Treibstoffpreise: Eine Gallone (etwa 3,78 Liter) Benzin kostet im April 2018 in Virginia etwa 2,70 USD. Nimmt man als Grundlage einen Wechselkurs von etwa 1,20 USD für einen Euro an, errechnet sich daraus ein Preis von knapp 60 Eurocent pro Liter. Und die Leute jammern, weil der Treibstoff sooo teuer geworden ist …
Frachtentransport
Nach wie vor allgegenwärtig sind die Macks, die Freightliners, die Peterbilts und wie die Trucks mit ihren aus europäischer Sicht überlangen Auflegern alle heißen. Nicht zu übersehen sind die senkrecht links und rechts hinter dem Fahrerhaus hochgezogenen verchromten Auspuffrohre, aus denen beim Beschleunigen mitunter prächtige Rußwolken der Dieselmotoren in die Peripherie entströmen … Was einen zwangsläufig an die dreihunderttausend rußfreien, aber aus strafrechtlichen Gründen zwangsgelagerten Fahrzeuge erinnert …
Aber auch der Bahnverkehr ist sehr rege: Die riesig langen, meist von zwei schweren Diesellokomotiven gezogenen Frachtzüge oder Containerzüge sind nicht zu übersehen. Irgendwer muss schließlich Made in China über das Land verteilen helfen. Was aber auffällt ist die nicht mehr taufrische Infrastruktur: Brücken und sonstige Stahlkonstruktionen scheinen einen bewundernswert intensiven Rostbelag aufzuweisen, der jede versuchte Erkundung eines vielleicht einmal vorhandenen Farbanstrichs zunichtemacht. Das gibt’s bei uns nicht, dafür steht schließlich der Steuerzahler ein.
Personentransport
Noch ein Wort zum Personen-Massenverkehr: Hier funktioniert das Bahnunternehmen Amtrak sehr gut, wie Leute versichern, die oft damit unterwegs sind. Interessant, dass in der Vergangenheit auch hier unzählige Nebenbahnen aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt und abgetragen worden sind, was heutzutage vielfach bedauert wird, wie Gesprächspartner anmerken. Erhalten gebliebene Bahnhofsgebäude werden als Überbleibsel vergangener Pracht jedenfalls liebevoll gepflegt.
Ähnlich wie bei uns hat auch der überregionale Busverkehr eine starke Belebung erfahren und wird auch gerne genutzt. Was auch angesichts der Vorteile gegenüber dem Individualverkehr insbesondere von Stadt zu Stadt (Parkplatz, Verkehrsdichte etc.) verständlich erscheint. Eine Fahrt im sehr bequemen Bus von Washington bis New York beispielsweise dauert etwa vier Stunden und kostet 35 USD. Wohl eine gute Entwicklung, wie es scheint.
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Soweit einige Impressionen zum Thema Verkehr, etwas erweitert und nicht allein Energie betreffend …