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Schon aus Eigeninteresse wird jeder, der in seinem Beruf weiterkommen will, daran interessiert sein, sich ständig fortzubilden. Die meisten Freien Berufe unterliegen sogar einer gesetzlichen Fortbildungsverpflichtung. So auch die Ziviltechniker. Der entsprechende Abschnitt im derzeit geltenden Ziviltechnikergesetz (ZTG 1993) unter §14 (8) lautet lapidar: „Ziviltechniker sind auf dem Fachgebiet ihrer Befugnis zur laufenden Berufsfortbildung verpflichtet.“ Nun hat das zuständige Ministerium den Entwurf für ein ZTG 2018 zur Begutachtung ausgesandt, in dem diese Verpflichtung detailliert dargelegt wird.

Die Konkretisierung bezieht sich auf zwei Aspekte: Einen qualitativen, indem sie für die postulierte Fortbildung einen inhaltlichen Rahmen absteckt, sowie einen quantitativen, da sie dafür ein zeitliches Ausmaß festlegt. Obwohl künftig die näheren Modalitäten über die Ausgestaltung dieser Verpflichtung der Bundeskammer als Interessenvertretung übertragen werden, ist der Entwurf in beiden Aspekten bereits recht präzise:

Die Ausbildungsverpflichtung gemäß Entwurfstext

„§12 (8) Ziviltechniker sind auf dem Fachgebiet ihrer Befugnis zur laufenden Berufsfortbildung verpflichtet. Sie haben sich jeweils innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren im Ausmaß von 120 Stunden fortzubilden. Pro Kalenderjahr hat das Ausmaß der Fortbildung zumindest 30 Stunden zu betragen. Bestimmungen zur näheren Ausgestaltung der Fortbildungsmaßnahmen zur Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung sowie zur Meldung von Fortbildungsmaßnahmen und deren Überprüfung sind von der Bundeskammer der Ziviltechniker durch Verordnungen zu erlassen. Darin ist auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Befugnis, auf die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung sowie auf die neuesten Entwicklungen der Wissenschaften, einschlägiger Rechtsnormen und allgemein anerkannter technischer Standards Bedacht zu nehmen.“

Zum zeitlichen Umfang der Fortbildungsverpflichtung …

Auf eine derart „verschärfte“ Verpflichtung zur Fortbildung kann man mit Lust oder Frust reagieren. Die ersten Reaktionen aus dem Kollegenkreis und hier hauptsächlich aus der Sektion Architekten ließen – soweit ich aus den mir zugegangenen Stellungnahmen erkennen kann – vorerst eher auf zweites schließen. Die definitive Vorgabe eines Fortbildungszeitraums wurde eher als Zumutung und Eingriff in Freiheitsrechte empfunden. Für eine mögliche Stellungnahme aus Kammerkreisen wurde sogar die Verwendung des Terminus „unangebracht hoch“ angedeutet.

Wie bitte? 40 Stunden verpflichtende Fortbildung im Jahr sollen unangebracht hoch sein? Sollte dieser Aufwand dem Mitglied einer sich als durchaus elitär verstehenden Gemeinschaft von Profis aus sich ständig dynamisch weiterentwickelnden technischen Fachbereichen tatsächlich zu hoch sein? Rechnen wir nach: Der Inhaber eines ZT-Büros (oder einer ZT-Kanzlei, wenn wir so wollen) kommt im Jahr auf vielleicht 800 verrechenbare Stunden. 40 Stunden sind davon gerade einmal fünf Prozent. Dieses Ausmaß an gewiss sehr kostbarer Wertschöpfungszeit sollte für Fortbildung wohl zumutbar sein!

Anders gefragt: Sollte man dem Ministerium nicht eher dankbar sein für seine konkrete Vorgabe? Zeigt sie nicht auch, dass den Behörden nicht nur der Berufszugang über exzellente Ausbildung und nachgewiesene Erfahrung ein Anliegen ist, sondern auch die Berufsausübung durch Sicherstellung einer ausreichenden Qualifikationsanpassung? Stellt der Nachweis der Einhaltung dieser Fortbildungsverpflichtung nicht nachgerade eine mit anderen Mitteln erreichte „Zertifizierung“ des gesamten Berufsstandes dar, die viele von uns schon seit langer Zeit anstreben?

… und zu ihrem Inhalt

Interessanterweise noch wenig Aufmerksamkeit ist anscheinend dem inhaltlichen Umriss der beabsichtigten Fortbildungsverpflichtung zugekommen. Insgesamt werden darin fünf Bildungsfelder abgesteckt, die einer näheren Betrachtung wert sind:

Die spezifischen Anforderungen der Befugnis

Bezug genommen wird hier auf die Weiterentwicklung der Kompetenzen zur Abdeckung fachlich-sachlichen Anforderungen, die an das Berufsfeld gestellt werden. Anzumerken ist, dass Auftraggeber das Vorhandensein dieser Kompetenzen voraussetzen und der Inhaber der Befugnis im Rahmen seiner Tätigkeit immer wieder sicherstellen muss, dass der jeweilige Auftrag für ihn tatsächlich machbar ist und dass das damit verbundene Risiko eingegrenzt werden kann. Zu bedenken ist, dass infolge der dynamischen Entwicklung der Technik und damit der Kundenforderungen manche hergebrachte Kompetenzen nicht mehr benötigt werden und somit wegfallen, andere aber hinzukommen können. Diese Veränderungen kommen oft unmerklich und erfordern entsprechende Aufmerksamkeit.

Die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung

Techniker geraten sehr oft in die Falle, dass sie in der Darstellung von Leistungen ihr Verständnis von Qualität auf ihre Eigensicht eingrenzen: Auf die Eleganz von Berechnungen, die Schönheit von Problemlösungen, das Erscheinungsbild von Darstellungen etc. Was dabei zu oft untergehen kann, ist die Kundenseite! Nach zeitgemäßer Sicht der Dinge ist die Qualität einer Leistungserbringung dann gegeben, wenn der Auftraggeber, der Klient oder Kunde damit zufrieden ist. Diese Tatsache erfordert so gesehen auch Investitionen in die kommunikative und emotionale Kompetenz. Angemessene Fortbildung besteht aber auch darin, das sich wandelnde Marktumfeld ständig zu erkunden und sich auf Änderungen der Kundenwünsche einzustellen.

Neueste Entwicklungen der Wissenschaften

Ein wachsames Auge erfordert auch das wissenschaftliche Umfeld insbesondere dann, wenn sich Einflüsse auf unser gewohntes Arbeitsumfeld abzeichnen. Ein Beispiel dafür ist der stattfindende Klimawandel, an dem nur noch darüber gestritten wird, ob er zur Gänze, zum Teil oder gar nicht menschlichem Wirken zuzuschreiben ist. Faktum bleibt, dass sich alle, die etwas mit Bauwerken zu tun haben – vom Raumplaner über Architekten und Bauingenieur bis zum Gebäudetechniker – überlegen müssen, wie sich neue Rahmenbedingungen auf bisherige Planungs- und Ausführungspraktiken auswirken könnten. Oder welche Auswirkungen die neuen Gegebenheiten auf unser bestehendes bauliches Erbe und auf unsere Kulturlandschaft haben könnten.

Neueste Entwicklungen einschlägiger Rechtsnormen

Ohne Zweifel wird dieser Bereich in der Fortbildung der Ziviltechniker ohnehin in hohem Maße beachtet und das bestehende Angebot wird auch durchwegs stark in Anspruch genommen. Was einerseits verständlich ist, da sich kein vernünftiger Baufachmann der Gefahr aussetzen will, dass er wegen Übertretung oder Nichtbeachtung gültiger und relevanter gesetzlicher Vorschriften zur Verantwortung gezogen wird. Konkret sieht man das beispielsweise an den dauerhaft nachgefragten Veranstaltungen zu den aktualisierten OIB-Richtlinien, die in der Baugesetzgebung verankert worden sind. Andererseits werden Ziviltechniker bereits in den Vorbereitungskursen, die sie vor Antritt ihrer Zulassungsprüfung besuchen, für ihre künftige Verantwortung sensibilisiert.

Entwicklungen allgemein anerkannter technischer Standards

Das vorhin über Gesetzesvorschriften Gesagte trifft in ähnlicher Form ebenso auf das weite Feld der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu – Stichwort Normen. Wenn auch mit Recht in vielen Arbeitsbereichen eine zunehmende Normenflut beklagt wird, ist man sich nolens volens bewusst, dass man die Last auf sich nehmen muss. Auch hier bieten die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten genug Gelegenheit, up to date zu bleiben, wenngleich Spezialisten dazu oft weitere Wege und höhere Kosten auf sich nehmen müssen. Aber Normen und andere technische Richtlinien und Regeln gehören nun einmal zum Handwerkszeug des Technikers und dass er darin auf dem neuesten Stand bleiben muss, schuldet er sich selbst und seinen Auftraggebern.

Was ist zu tun?

Wenn man davon ausgeht, dass die Interessenvertretung das zeitliche und inhaltliche Pensum des vorliegenden Entwurfs allein schon aus Rücksicht auf die Selbstachtung der Mehrheit ihrer Mitglieder nicht in Schlechter-Schüler-Manier herunterjammern wird und man den vorgelegten Entwurf in der derzeitigen Form beibehält, ergeben sich folgende Konsequenzen:

Für die Ziviltechnikerkammern die Aufgabe, für die Fortbildungsmaßnahmen einen Verordnungsrahmen zu schaffen, der bei einem Minimum an Bürokratie und maximalem Spielraum für die Mitglieder den involvierten Stellen bei Bedarf eine einfache und schnelle Kontrolle der Fortbildungsmaßnahmen ermöglicht;

Für die in der Ingenieurausbildung tätigen Institutionen die Herausforderung, die fünf Ausbildungsfelder im Fortbildungsprogramm ausgewogen zu berücksichtigen und – falls keine eigenen Inhalte angeboten werden können – auf die entsprechenden Möglichkeiten anderer Institutionen hinzuweisen;

Für den einzelnen Ziviltechniker die Notwendigkeit, sich einen individuellen Fortbildungsplan und -nachweis zu erstellen, der einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren umfasst, die eigenen Bedürfnisse optimal berücksichtigt und die beabsichtigten und später durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen sinnvollerweise den fünf Schwerpunkten zuordnet.

Nach all diesen Überlegungen soll abschließend eines nicht ungesagt bleiben: Berufliche Fortbildung gehört zum lebenslangen Lernen, das allen zum Vorteil dient und nicht Last sein darf, sondern Lust auf mehr machen soll. Noch etwas: Auf Ihre Reaktion zum Thema, am besten per E-Mail unter gmbh@sonnek.at würde ich mich freuen.

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