Sonnek

Frage

Typischerweise sind sie Mitte dreißig, haben eine nette Familie. Als Akademiker einer gesuchten Fachrichtung sind sie gutbezahlten Angestellte in einem renommierten Unternehmen. Die Arbeit ist interessant und fordernd, in den nächsten Jahren stehen ein oder gar zwei Karriereschritte an. Beneidenswert angesichts des Arbeitsmarktes rundum. Alles bestens also? In solch einer vermeintlich glänzenden Situation bleiben dem Außenstehenden die leisen Zweifel verborgen, die sich bei vielen auftun: War’s das schon? Warum nicht Neues probieren? Warum nicht selbstständig werden? Aber wie?

Vielen Gespräche mit Ratsuchenden beginnen genau mit den letzten beiden Fragen. Zuvor haben sie sich immer wieder selbst gestellt, ihren Partnern, Freunden, vielleicht sogar den Arbeitskollegen. Jetzt sind sie in der Phase des Sondierens, des Überlegens, des Suchens nach Anhalten, die den Wunsch in einen handfesten Plan und letztlich in die Realität umsetzen helfen. Irgendwie stehen die Fragenden mit einem Rucksack von eigenen Vorstellungen vor einem Berg von Ungewissheiten, den es zu erkunden gilt. Da sitzt also der Betreffende bei mir im Büro, voller Erwartung, die entscheidenden Tipps zu bekommen.

Wenn man selber mehrere Jahrzehnte selbständig und als Freiberufler tätig ist, kann es zugleich leicht und schwierig sein, Antworten zu geben. Leicht, weil man weiß, was einen erwartet und welche Vor- und Nachteile eine von Arbeitgebern unabhängige Existenz mit sich bringt. Schwierig, weil man das Thema Selbstständigkeit vor allem aus den eigenen Gegebenheiten heraus sieht und es herausfordernd ist, sich gedanklich und emotional in die Schuhe eines Neulings zu versetzen. Im Licht dieser Situation mögen auch die nachfolgenden Ausführungen gesehen werden.

Persönliche Bestandsaufnahme

Grundlagen

Beginnen wir mit der Person, ihrem familiären Hintergrund, ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn, ihren Errungenschaften. Was führt zum Wunsch nach Selbstständigkeit? Wie sehen die eigenen Prägungen aus, sieht sich die Person den kommenden Anforderungen gewachsen? Als Selbstständiger arbeiten heißt zuerst einmal viel Zeit aufwenden, Prioritäten setzen und alte Gewohnheiten ändern. Denn ein Wechsel ist es allemal! Ein langgedienter Unternehmer, der erfolgreich alle Höhen und Tiefen durchschritten hatte, brachte es auf den Punkt: „Wem das Fernsehprogramm wichtiger ist als die Arbeit, der ist zum Unternehmer nicht geeignet!“ Das gilt uneingeschränkt auch für Selbstständige.

Motive

Was treibt die Person an? Nur das erhoffte Mehr an Geld allein ist das denkbar schlechteste Motiv. Es muss mehr dahinterstehen: Eine Gewissheit, mit seinen Fähigkeiten anderen dienen zu können. Es trotz Widrigkeiten schaffen zu können. Ein gewisses Maß an Risikobereitschaft, ohne dabei zu hasardieren. Zielvorstellungen ohne[IS1] Wunschdenken und ohne Blauäugigkeit. Alternativen ausdenken. Wer sich von vornherein zu sehr auf vage Zusagen potentieller künftiger Auftraggeber verlässt, kann plötzlich mit leeren Händen dastehen. Sich bewusst machen, dass Rückschläge kommen können.

Das engere familiäre Umfeld

Was sagen die engsten Angehörigen dazu? Denn wenn aus der engsten Beziehung Vorbehalte kommen, sollte man vorsichtig und selbstkritisch genug sein, diese nicht aufs Spiel zu setzen. Zudem ist erfolgreiche berufliche Selbstständigkeit ohne familiäres Verständnis und ohne emotionale Rückendeckung schlicht nicht möglich. Andererseits können gerade „wohlmeinende“ Verwandte aus falscher Rücksichtnahme ein unnötiges Hindernis gegen persönliche Entfaltung darstellen („Das wirst Du Dir doch nicht antun … hast es so schön in Deinem jetzigen Job…“ usw.).

Materielles

Wenn all das Besprochene geklärt ist und bislang nichts dagegenspricht, dass die Weichen in Richtung Selbstständigkeit gestellt werden können, bleibt noch eine weitere Hürde: Das Materielle. Ein Newcomer muss davon ausgehen, dass er in seinem ersten Jahr nur wenige oder schlimmstenfalls gar keine Aufträge zu erwarten hat. Wie wird er diese Zeit überstehen, insbesondere im Hinblick auf die fortlaufenden materiellen Bedürfnisse seiner Familie? Sind entsprechende Reserven vorhanden? Gibt es einen Plan B, falls – was man nicht hoffen will – der Umstieg in die Selbstständigkeit wider Erwarten nicht gelingt?

Fachliches

Ein letzter, aber wichtiger Punkt bleibt noch zu bereden: Wie kann der Aspirant seine fachliche Qualifikation aufrechterhalten und bei Bedarf ausbauen? Das ohne die vielleicht bisher genossene regelmäßige betriebliche Fort- und Weiterbildung. Learning by doing ist natürlich immer gegeben, aber wo holt man sich als Selbstständiger künftig seine Informationen? Zu bedenken ist auch die Zeitknappheit, der ein Anfänger ganz besonders ausgesetzt ist, hat er doch an vielen „Fronten“ zugleich zu kämpfen. Zudem wird Durchschnitt nicht genügen: für den Expertenstatus, der von ihnen erwartet wird, benötigen Selbstständige überdurchschnittliches Wissen!

Das sind nur einige der Aspekte, die ein künftiger Selbstständiger im Hinblick auf seine Person zu bedenken hat. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie noch weitere Aspekte zum Thema beitragen könnten. Ihr E-Mail ist willkommen!

(Wird fortgesetzt)


Antworten

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