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Worüber redet ein junger und begeisterter Ingenieur am liebsten unter Seinesgleichen? Vermutlich am ehesten über Dinge rein fachlicher, technischer Natur. Über Ingenieurleistungen und Probleme und Lösungen, die damit zu tun haben. Mit zunehmender Erfahrung, bei verstärkten Kundenkontakten und erst recht mit beginnender Führungsverantwortung erweitert sich der Blick über den Zaun des rein Fachlichen hinaus auf zwischenmenschliche soziale, kommunikative und handlungsbezogene Erfordernisse. Dem Ingenieur erwachsen allmählich Anforderungen, wie sie sich einem Ingenieurdienstleister stellen.

Die beiden Rollen und deren Ansprüche an die Person unterscheiden sich beträchtlich. Das ist für den betroffenen Ingenieur vielleicht nicht so deutlich erkennbar, zumal dann, wenn sich der Wandel schrittweise vollzieht, wie das in den meisten Berufslaufbahnen vorkommt. Voll sichtbar wird der Unterschied aber im Fall, dass sich der hoffnungsvolle Aspirant zur Selbstständigkeit entschließt, denn dann muss er für jene Herausforderungen gerüstet sein, die ein Ingenieurdienstleister üblicherweise zu erwarten hat.

Eine Definition zur Klarstellung

Unter einem Ingenieurdienstleister verstehen wir hier einen Ingenieur, der seine Tätigkeit entweder freiberuflich ausübt, also als Ziviltechniker, oder gewerblich im Rahmen eines Ingenieurbüros*). Es ist klar, dass ein Selbstständiger nicht nur fachlich sehr gut beschlagen sein muss. Wie schon anfangs angedeutet, sind auch soziale und tätigkeitsbezogene Kompetenzen notwendig. Abgesehen davon werden auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung, ethisch sauberer Arbeitsweise und profunde Menschenkenntnis erforderlich sein. Insgesamt ist also eine gereifte, in ihrem Auftritt respektable und abgerundete Persönlichkeit gefragt.

Eine Abgrenzung ist dennoch notwendig: Keinesfalls ist hier unter einem Ingenieurdienstleister eine Art Leiharbeiter zu verstehen oder ein Verleihbetrieb für Personal mit technischen Kenntnissen. Denn speziell in Deutschland wird der Begriff gebraucht nicht nur für Ingenieurbüros und beratende Ingenieure, sondern auch für eine Art Ingenieurunternehmen, die dem Kunden Fachkompetenz in Form von Leihpersonal zur Verfügung stellen.

Aus- und Fortbildungsbedarf

In den Ingenieurstudiengängen der Technischen Universitäten und technischen Fachhochschulen in Österreich werden die Anforderungen an Ingenieurdienstleister nicht gelehrt. Das ist deshalb schade, weil doch ein beträchtlicher Anteil der Absolventen später eigenverantwortlich tätig sein wird, nicht nur in freiberuflicher Selbstständigkeit, sondern auch in quasi-selbstständigen Führungspositionen etwa in Industriebetrieben, für die weitgehend dieselben Forderungen gelten. Aber auch die derzeit laufenden Vorbereitungsseminare für Ziviltechniker und Ingenieurbüros in Österreich zielen nicht auf ein ganzheitliches Berufsbild „Ingenieurdienstleister“ ab.

Erschwerend kommt in der beobachteten Praxis noch hinzu, dass viele Ingenieure, die sich für die Selbstständigkeit entschließen, zwar an fachlich-technischen Lerninhalten Freude haben, allem Nicht-Technischen aber – um es milde zu formulieren – eher defensiv gegenüberstehen. Dies trotz der meist unterschwellig vorliegenden Einsicht, sich auch den erwähnten sozialen und handlungsspezifischen Ausbildungserfordernissen des künftigen Berufes des Ingenieurdienstleisters irgendwann stellen zu müssen, aber halt nicht sofort und möglichst nicht zu intensiv. Das kann sich erfahrungsgemäß dahingehend rächen, dass der Berufseinsteiger seine zweifellos hervorragenden technischen Kenntnisse auf dem Markt nicht zur Geltung bringen kann und sich nach zwei bis drei mühsamen Jahren wieder in die Unselbstständigkeit verabschieden muss.

Fazit

Von einem selbstständigen Ingenieur wird wesentlich mehr erwartet, als dass er fabelhafte Ingenieurleistungen vollbringt. Erst der Erwerb zusätzlicher nicht-technischer Kompetenzen macht ihn zum erfolgreichen Anbieter, der am Markt und angesichts eines eher rauen Wettbewerbs bestehen kann. Zurzeit muss er aber den Weg zum nachhaltig erfolgreichen Ingenieurdienstleister eher auf sich allein gestellt und im Sinne von Karl Popper noch weitgehend durch Versuch und Irrtum finden. Eine systematische Vorbereitung dafür oder gar eine gezielte Ausbildung fehlt noch. Es ist zu hoffen, dass der Bedarf, der hier besteht, möglichst bald von Ausbildungsinstitutionen und Standesvertretungen erkannt wird und dass Programme entstehen, die nicht nur künftigen Interessenten dienen, sondern letztlich auch deren Kunden und Klienten.

*) Im deutschen, aber außerösterreichischen Sprachraum bezeichnet man Absolventen einer Universität oder Fachhochschule als Ingenieure und Absolventen von Technikerschulen als Techniker. Seltsamerweise ist es in Österreich genau umgekehrt: Ziviltechniker müssen einen Hochschulabschluss vorweisen können, Ingenieure kommen auch aus Technikerschulen.

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