Sonnek

Eule

Leben heißt auch Lernen. Wir können das auf zweierlei Art tun: Entweder machen wir es aktiv und selbst steuernd aus Interesse und weil wir die Notwendigkeit dafür sehen, also vorbeugend und freiwillig. Das kann herausfordernd und anstrengend sein. Oder aber wir sehen eine Sache auf uns zukommen und lassen den Lernprozess mehr oder weniger als Opfer über uns ergehen. Das Lernen geschieht so durch Erfahrung, zumeist auf die harte Tour. Das wird dann nicht nur anstrengend, sondern auch riskant. Dass der zweite Weg der weniger wünschenswerte ist, scheint somit klar. Warum gehen wir ihn dennoch so oft?

Ein Beispiel: Egal ob als Planer, Sachverständiger, Freiberufler oder Unternehmer – aus vermeintlich zwingenden Gründen können wir uns veranlasst fühlen, vorschnell oder unüberlegt Aufträge anzunehmen oder Geschäfte abzuschließen, die uns letztlich mehr persönliche, nicht nur körperliche, sondern oft auch seelische Energie abverlangen, als sie uns „materielle Energie“ in Form von finanziellem Gewinn bringen.

Statt Erfolg Erschöpfung und Ernüchterung

Rückblickend stellen wir dann fest,

… dass der mit knappster Kalkulation errungene vermeintliche „Prestigeauftrag“ keiner war, sondern neben ordentlichem Verlust nur Ärger gebracht hat, keinesfalls aber die erhofften Folgeaufträge,

… oder dass der ach so tolle neue Kooperationspartner doch nicht ganz so toll kompetent war, sondern in allen Belangen eher ein Projekt-Hindernis noch dazu mit der „Gabe“ des Absaugens von Wissen ohne auch nur ein Minimum an erwartbarer Gegenleistung,

… oder dass die Bauchlandung in einem kritischen Projekt schlicht darauf zurückzuführen war, dass unsere Fähigkeiten überstrapaziert wurden und wir aus falschem Stolz nicht rechtzeitig die Reißleine gezogen oder wenigstens einen geeigneten Partner hereingeholt haben.

Die Reihe ließe sich fortsetzen. Die selbsterlebten Beispiele aus frühen Jahren hatten eines gemeinsam: Es brauchte eine Menge Kraft, Zeit und Kosten, um jeweils halbwegs ungeschoren und „mit einem blauen Auge“ aus der Situation herauszukommen. Am Ende: Erschöpfung und Ernüchterung. Doch die Erfahrung lehrt, dass es einen besseren Weg gibt.

„Begin with the end in mind!“

So lautet – wenn ich mich recht erinnere – der zweite Punkt im langjährigen Bestseller  „Die 7 Wege zur Effektivität: Prinzipien für persönlichen und beruflichen Erfolg“ von Stephen Covey. Soll schlicht und einfach heißen: „Überleg Dir, wo Du hin und was Du erreichen willst und was das Endziel Deiner Bemühungen sein soll.“ Das verlangt sorgfältiges Nachdenken ohne Zeitdruck.

Mehr noch: Derartige Entscheidungen über Auftrag ja oder nein müssen einer wesentlichen Prüfung standhalten: Passt der Auftrag in das Zukunftsbild meiner Leistungen, will ich dort künftig stärker werden? Ist das alles miteinander wünschenswert? Oder liegt dahinter der Drang, das nachzumachen, was alle anderen auch erstrebenswert finden? Oder die Aussicht auf vermeintlich raschen Gewinn? Und obwohl es reine Verstandesentscheidung ist und das Bauchgefühl rebelliert und sogar jene, die es wissen müssen, abraten?

Anstatt im Nachhinein Ernüchterung zu erfahren, braucht es vorab eine gute Portion Nüchternheit und die Selbstdisziplin, sich nicht in einen Zustand der falschen Erwartungen wie man hierzulande sagt „hineintheatern“ zu lassen. Für den entscheidenden Schritt zurück zum kritischen Reflektieren muss einfach Zeit und Gelegenheit bleiben.

Anstatt riskanter Aktion lieber eine Risikoanalyse

Wie in dieser Artikelserie schon wiederholt erwähnt wurde, soll vor jeder Übernahme eines Auftrages eine „Machbarkeitsprüfung“ gemacht werden, in der es einfach darum geht, zu prüfen, ob die Rahmenbedingungen betreffend Inhalt, Zeit und Kosten des Auftrags ein erfolgreiches Resultat sicherstellen können. Diese Vorgangsweise ist nicht nur Bestandteil eines Qualitätsmanagements, sondern wohl auch eine Frage des Hausverstandes.

Teil einer solchen Machbarkeitsprüfung sollte eine Risikoanalyse sein. Das hört sich vielleicht wieder kompliziert an, ist es aber nicht. Denn es geht nur darum, sich anhand einer einfachen Checkliste unter dem Motto „Was wäre wenn?“ zu überlegen, ob rechtliche, finanzielle, personelle, terminliche, fachliche oder andere Risiken existieren, die einer Auftragsannahme entgegenstehen. Das kostet nicht viel Zeit, kann aber vor Unbill bewahren.

Persönlich kann ich dazu sagen, dass seit Anwendung dieser Methode Enttäuschungen der oben geschilderten Art ausgeblieben sind. Das allein schon deswegen, weil sorgfältiges Nachdenken und Abwägen auch dazu führt, dass man die eigenen Leistungen höher einzuschätzen beginnt und daher nicht mehr geneigt und auch nicht genötigt ist, sich unter Wert zu verkaufen.

Wert und Preis

Apropos Wert. Die persönliche Erfahrung lehrt, dass vereinfacht gesagt der Auftrag dann stimmt, wenn es keine Preisverhandlungen gibt, anders gesagt, wenn seitens des Bieters ein Preis festgelegt werden kann, den der Auftraggeber anstandslos akzeptiert. Dazu sei erläutert, dass der Wert einer Leistung immer im Auge des Auftraggebers liegt. Andererseits ist der Preis stets ein Maß für den Selbstwert des Anbieters, der sich aus dessen Wissen, Erfahrung und Marktpräsenz ergibt.

Wenn der Auftraggeber den Wert der Leistung höher ansetzt als den Preis, dann ist er kaufbereit und will die Leistung haben. Je höher der Wert der Leistung angesetzt werden kann, desto höher darf dann natürlich auch der Preis ausfallen. Der Anbieter kann seinen Wert selbst steigern. Wodurch? Durch kompromisslos exzellente Leistung, die dazu führen sollte, dass der Anbieter sich seine Aufträge letztlich aussuchen kann.

Es braucht natürlich Zeit, bis eine derartige Position erreicht ist, der Anbieter hat es aber in seiner Hand, in welchem Zeitraum er das schafft. Aber eine solche Position ist jede Anstrengung wert, stellt doch die Akzeptanz eines hohen Preises auch ein Maß für die nichtmaterielle Wertschätzung der Leistung dar. Dadurch wird der Anbieter nie mehr in die Lage kommen, aus materiellen Notwendigkeiten einen Auftrag annehmen zu müssen, der ihm nicht hundertprozentig liegt und den er nicht mit Freude bearbeiten kann. Schwierige und nicht mehr kontrollierbare Situationen sind damit ausgeschlossen.

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Ach ja, das Thema war der Unterschied zwischen Klugheit und Weisheit. Ich kann hier keine tiefschürfende Erklärung anbieten, dafür aber das Zitat eines Unbekannten, das in meinen Augen auch in Bezug auf das vorhin Gesagte ins Schwarze trifft:

„Klugheit ist die Fähigkeit, aus einer schwierigen Situation herauszukommen, in die man mit Weisheit gar nie gekommen wäre.“

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