Wohl jeder Sachverständige wird im Rahmen seiner Tätigkeit mit Problemen konfrontiert – manche sprechen lieber von Herausforderungen – die man nicht so leicht vergisst, entweder weil sie lästig oder unangenehm sind, oder weil sie immer wieder vorkommen. Diesbezüglich war ich neugierig und habe einige Kollegen befragt, welche Probleme ihnen als bemerkenswert in Erinnerung sind, entweder aus eigener Praxis oder aus Mitteilung von anderen. Einige der markanteren Äußerungen sind nachstehend zusammengestellt, jeweils kommentiert mit einem möglichen Lösungsansatz.
Die geschilderten Probleme haben eines gemeinsam: Werden sie nicht auf ordentliche Weise gelöst, können Sachverständige nicht für bestmögliche Qualität ihrer Leistungen garantieren. Sachverständige haben aber allein schon aus Haftungsgründen selber höchstes Interesse an exzellenter und mängelfreier Arbeit. Die Reihenfolge der Punkte ist willkürlich gewählt und stellt keine Wertung dar, die Nummern wurden gewählt, um Diskussionen besser führen zu können.
Problem 1: Unklare Fragestellungen
Ein Sachverständigenkollege erwähnt, dass ihm in Gerichtsaufträgen bisweilen Fragen unterkommen, deren Sinn sich ihm nicht erschließt oder die nicht klar gestellt sind im Hinblick auf die Art der erwarteten Antwort. Für den Sachverständigen ist es unangenehm, wenn er den Kern der Frage nicht erfassen kann, weil er Gefahr läuft, nicht zielführend und hilfreich antworten zu können und noch dazu falschen Zeit- und damit Kostenaufwand zu erzeugen.
Möglicher Lösungsansatz: Nachfragen und das klärende Gespräch mit dem Auftraggeber suchen! Man hat zu bedenken, dass die Fragestellungen gerade im Gericht sehr oft ohne Beisein von Fachleuten formuliert werden, der Sachverständige wird ja meist erst mit dem Gutachtensauftrag beigezogen. Weniger oft wird er schon im Vorfeld etwa im Rahmen von Parteien- und Zeugeneinvernahmen beigezogen, sodass er in der Erstellung der Fragen an ihn klärend mitwirken kann.
Problem 2: Schwierige Abgrenzung von Fachbereichen
Es gibt Fachbereiche, die sehr groß und weitreichend sind. Dazu gehören zum Beispiel Bauwesen, Architektur oder Maschinenbau. Sehr oft reicht gewissermaßen die „Befugnis“ deutlich über die „Befähigung“ hinaus. Besonders in Randbereichen des eigenen Wissens gibt es Grauzonen, bei denen man Gefahr läuft, die eigene Kompetenz zu überdehnen. Dort, wo die Fachkenntnis allmählich in Allgemeinwissen ausfranst, ist freiwillige Enthaltung von der Tätigkeit als Sachverständiger angesagt.
Möglicher Lösungsansatz: Netzwerke aufbauen und nutzen und Sachverständigenkollegen aus den entsprechenden Spezialgebieten heranziehen! Die gesuchten und wirklich guten Spezialisten ihrer Branche kennt man ja. Sehr oft kann es ratsam sein, schon von Anfang an einen entsprechend qualifizierten Kollegen als Sub-Gutachter heranzuziehen. Zusammenarbeit von Spezialisten liefert nicht nur besser und schnellere Resultate sondern macht auch mehr Spaß.
Problem 3: Unwissen über prozesstechnische Hintergründe
Ein weiterer Kollege bedauert des Öfteren, den rechtlichen und prozesstechnischen Hintergrund eines Verfahrens nicht ausreichend durchschauen zu können. Er würde gerne mehr darüber wissen, welche Fragen aus rechtlicher Sicht geklärt werden müssen, damit er gezielt auf seiner fachlichen und sachlichen Ebene den Prozessverlauf unterstützen kann.
Möglicher Lösungsansatz: Ein Jus-Studium. Nein, das werden die wenigsten können oder wollen. Also jetzt im Ernst: Auch in diesem Fall das klärende Gespräch suchen und sich die Strategie und Taktik des Verfahrens erklären lassen. Vielleicht Juristisches dazulernen. Aber auch hier eine Warnung: Schuster, bleib bei deinem Leisten! Gezielte Weiterbildung wird wohl besser dann investiert sei, wenn sie im eigenen Kompetenz- und Fachbereich erfolgt.
Haben Sie Anmerkungen zum Thema? Ich freue mich über Ihre Mitteilung! Haben Sie Fragen? Wenn diese von allgemeinem Interesse sind, nehme ich gerne dazu Stellung.