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Befund

In Zivilgerichtsverfahren kommt es üblicherweise zumindest in Fällen, die höhere Streitwerte betreffen, zur Erörterung des bereits fertiggestellten und den Parteien vorliegenden Gutachtens. Der Sachverständige muss also für seine Erkenntnisse und Aussagen Rede und Antwort stehen. Das Gericht übermittelt dazu dem Sachverständigen Fragen der Parteienvertreter zum Gutachten und gibt ihm ausreichend Zeit für eine Vorbereitung. Die Beantwortung der Fragen der Parteien erfolgt dann im Regelfall mündlich im Rahmen einer Gerichtsverhandlung. Der Sachverständige hat dabei einige Dinge zu beachten.

Eine Erörterung erfolgt auf Antrag zumindest einer der Streitparteien und spielt wegen der intensiven Auseinandersetzung mit den Inhalten des Gutachtens eine wichtige Rolle für die Wahrheitsermittlung des Gerichts. Der Sachverständige wird sich daher sehr sorgfältig auf die Erörterung vorbereiten.

Schriftliche Vorbereitung

Es empfiehlt sich, die vorliegenden Fragen einige Zeit vor dem Erörterungstermin auszuarbeiten, und zwar schriftlich. Zuvor wird man das Gutachten noch einmal genau durchsehen. Die Schriftform erfordert klares Denken und lässt spätere Ergänzungen und Änderungen zu. Sie hat zudem den Vorteil, dass die Liste mit den Antworten bei Bedarf in der Verhandlung dem Gericht und den Parteien direkt vorgelegt werden kann, was die „Abarbeitung“ des Fragenkonvoluts sehr oft deutlich beschleunigen kann.

Für die Beantwortung empfehlenswert ist eine direkte Anknüpfung an Äußerungen im Gutachten („Wie bereits aus Kapitel x auf Seite y hervorgeht, …“), damit einerseits eine gute Zuordnung der Frage zum Gutachtensinhalt möglich ist und andererseits der Fragende daran erinnert wird, dass zumindest Teile der Antwort bereits im Gutachten enthalten sind.

Als sehr vorteilhaft kann sich das Bereithalten von Hilfsmitteln erweisen, die das Erfassen von Sachverhalten erleichtern. Das können Lichtbilder sein, gegebenenfalls vergrößert, oder Plandarstellungen, die man gemeinsam durchsieht, oder aber Gegenstände aus der Befundaufnahme werden vorgelegt. Gegebenenfalls sind auch einfache grafische Darstellungen wertvoll, sei es, dass sie fertig vorliegen, sei es, dass sie während der Verhandlung angefertigt werden.

Während der Erörterung

Oberster Grundsatz für den Sachverständigen bleibt, dass er zugleich Beweismittel und Helfer des Gerichts ist. Gelassenheit und Geduld sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Erörterung. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn dem Sachverständigen selbst Kritik entgegenschlägt, die erwartungsgemäß sehr oft von jener Partei erhoben werden wird, die im Gutachten nicht so gut „wegkommt“.

Unsachliche oder manipulative Fragen wird man ebenso mit ruhigem Gemüt beantworten, selbst wenn man weiß, dass die Fragen wenig mit dem Fall an sich zu tun haben. Bisweilen kann es notwendig sein, sich mit Richter oder Richterin im Vorfeld über die Vorgangsweise abzustimmen.

Gar nicht so selten kommt es vor, dass Fragen gestellt werden, die nicht Gegenstand des Gutachtens waren, weil sie nicht Teil der Frage- und Aufgabenstellung des Gerichts waren. Oder aber die Beantwortung der neu gestellten Frage würde eine nochmalige Befundaufnahme oder weitergehende Untersuchungen erfordern. Für letztere kann etwa ein grober Kostenrahmen angegeben werden, was eine Entscheidung des Gerichts erleichtern kann, ob diese Zusatzaufgaben tatsächlich beauftragt werden sollen.

Ebenso kommt es ab und zu vor, dass zusätzliche Fragen nicht beantwortet werden können, weil sie aus dem Fachgebiet des Sachverständigen herausfallen und zur Klärung der Sachverständige eines anderen Fachgebiets beigezogen werden müsste. Für das Gericht und  das weitere Verfahren kann es hilfreich sein, Empfehlungen für einen kompetenten  Kollegen abzugeben.

Nachträgliche Ergänzung: Wer protokolliert?

Anlässlich der Erörterung brauchen zwar die schriftlich vorliegenden Fragebeantwortungen nicht mehr protokolliert zu werden, sehr wohl aber Ergänzungen, die sich aus Rückfragen, Erläuterungen oder aus Verständnisfragen ergeben. Wer protokolliert? Meine Erfahrung: Am besten kann das der Richter. Der Zusatznutzen besteht darin, dass er die Äüßerungen des Sachverständigen in seinen eigenen Worten wiedergibt, was zugleich eine Kontrolle dafür ist, ob die Antworten auch richtig aufgefasst und verstanden worden sind.

In der Ausgabe von Heft 2/2015 der Zeitschrift “Sachverständige” ist im Zusammenhang mit einer mündlichen Gutachtenserörterung folgende Aussage eines Richters wiedergegeben, die auch hier Bedeutung hat:

“Damit dessen Nachvollziehbarkeit und Beweiskraft gewährleistet ist, sollte [...] der Richter die Protokollierung des mündlichen Gutachtens übernehmen. Erst wenn er die Äußerungen des Sachverständigen so weit versteht, dass er sie in eigenen Worten wiedergeben kann, wird man von einem Beweisergebnis sprechen können, denn immerhin bedeutet “beweisen” im Sinne des § 272 Abs 1 ZPO ‘den Richter überzeugen’”. (Seite 71)

Haben Sie Anmerkungen zum Thema? Ich freue mich über Ihre Mitteilung! Haben Sie Fragen? Wenn diese von allgemeinem Interesse sind, nehme ich gerne dazu Stellung.

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