Wenn gerade wieder einmal in einer für unsere Energieversorgung kritischen Region politische Krisen ausbrechen, wird uns aufs Neue bewusst, wie sehr wir noch immer von Öl und Gas abhängig sind. Ein Ausweg aus dieser Misere liegt im sparsamen Umgang mit Energie. Dass Energiesparen wichtig ist, leuchtet wohl allen ein. Das heißt aber noch lange nicht, dass auch wirklich Energie gespart wird: Die Lücke zwischen Reden und Tun ist groß. Erhebt sich also die Frage: Was veranlasst Menschen tatsächlich dazu, Energie zu sparen? Wissenschaftliche Erkenntnisse geben Antwort.
Auf der systematischen Suche nach Motiven stellte man folgende Liste möglicher Anreize zum Energiesparen in Wohnhäusern*) zusammen:
1. Es spart Geld
2. Es schützt die Umwelt
3. Es nützt der Gesellschaft
4. Viele Menschen tun es bereits
Das sind also Anreize finanzieller (Nr. 1), moralischer (Nr. 2), sozialer Art (Nr. 3) und etwas, das man als Herdentrieb-Anreiz bezeichnen könnte (Nr. 4). Wie haben die Befragten ihre Gründe für das Energiesparen gereiht?
Hier die Antwort, die am häufigsten genannten Gründe zuerst:
1. Es schützt die Umwelt
2. Es nützt der Gesellschaft
3. Es spart Geld
4. Viele Menschen tun es bereits
Im nächsten Schritt hat man nach dem Zufallsprinzip in einem Wohngebiet an jede Haustüre Zettel gehängt, die äußerlich die gleiche Form, aber entsprechend den genannten Anreizen jeweils eine der vier folgenden Botschaften mit kurzen Erläuterungen enthielten:
1. Schützen Sie die Umwelt durch Energiesparen
2. Helfen Sie mit, Energie für künftige Generationen zu bewahren
3. Sparen Sie Geld durch Energiesparen
4. Machen Sie es wie Ihre Nachbarn und sparen Sie Energie
Dann wurden die Energieverbräuche aller dieser Gebäude über einen Zeitraum gemessen und mit denen aus vorigen Vergleichsperioden verglichen. Den Ergebnissen der Befragung zufolge hätte der Appell an den Umweltschutz die größten Einsparungen erwarten lassen und der an den Herdentrieb die geringsten. War es so? Mitnichten: Die weitaus größten Einsparungen ergaben sich durch den Appell an den Herdentrieb, es im Energiesparen den Nachbarn gleich zu tun.
Die Ergebnisse stammen aus den U.S.A., man könnte argumentieren, dass es in Europa und speziell in Österreich mit den Anreizen anders aussieht, wegen des hier doch höheren Umweltbewusstseins, wegen der höheren Energiepreise etc. Mag sein. Aber eines lässt sich daraus auf alle Fälle ableiten: Anreize, die sich an unseren Verstand richten, sind weniger wirkungsvoll als solche, die sich an unsere Emotionen richten. Und letztere sind wiederum weniger wirkungsvoll als Anreize, die sich an unsere Instinkte richten.
*) Die Untersuchungen wurden von Robert Cialdini in den U.S.A. durchgeführt und die Ergebnisse sind in seinem Buch „Influence – The Psychology of Persuasion“ beschrieben. Die hier gemachten Angaben habe ich aber dem Buch „Think like a Freak“ von Steven Levitt und Steven Dubner entnommen, das zum Zeitpunkt, da ich das schreibe, noch nicht in Deutsch erhältlich ist. Die beiden Autoren wurden bekannt durch ihre vergnüglichen Bestseller „Freakonomics“ und „Superfreakonomics“. Die Zitate sind Eigenübersetzungen.