Ein altes Bonmot sagt: „Ein Spezialist ist jemand, der von immer weniger immer mehr weiß, bis er schließlich von nichts alles weiß.“ Also die hier angedeutete „Wissenstiefe“ werden sie ja nun nicht erreichen wollen, aber Sachverständige sind Experten eines abgegrenzten Fachgebiets. Wegen ihres außerordentlichen Wissens und ihrer besonderen Erfahrung sind sie unverzichtbar für viele Bereiche der Gesellschaft, insbesondere für das Rechtswesen. Rechtssachen sind oft komplex, berühren immer öfter mehrere Fachgebiete zugleich und erfordern daher die Zusammenarbeit mehrerer Sachverständiger.
Hohe Verantwortung erzwingt Kooperation
Kooperationen werden aber nicht nur wegen der zunehmenden Komplexität immer wichtiger, sondern auch deshalb, weil Sachverständige aus Haftungsgründen nicht außerhalb ihres Fachgebiets tätig sein sollten. Aufgrund ihrer hohen Verantwortung sind Sachverständige zwar entsprechend haftpflichtversichert, verlieren diesen Schutz aber, sobald sie sich in fremden Gefilden bewegen. Jeder Sachverständige ist daher angehalten, vor Annahme eines Auftrages gewissenhaft zu prüfen, ob er zur Durchführung in der Lage ist. Kann er dies nicht alleine, sondern nur mit Hilfe eines oder weiterer Sachverständiger, wird er dies dem Gericht mitteilen.
Vorrang für bestmögliche Partner
Ein gut positionierter Sachverständiger wird sich auf die Zusammenarbeit mit Kollegen freuen, auch dann, wenn die anderen aus überlappenden oder gar gleichen Fachgebieten kommen. Er wird nicht nur sein „ureigenes“ Gebiet überschauen, sondern auch Einblick in angrenzende Areale haben, auch wenn er diese selbst nicht bearbeitet. Ein derartiges Grundwissen ermöglicht ihm, mit dem Nachbar-Experten einen guten Dialog auf Augenhöhe zu führen. Damit hat er die Möglichkeit, für einen gegebenen Gerichtsfall bestmöglich geeignete sachverständige Partner ausfindig zu machen. Das sind vorzugsweise solche, von denen er weiß, dass sie eigenen Qualitätserwartungen und denen des Gerichts entsprechen.
Praktische Beispiele aus der Haustechnik
Die Haustechnik mit den Fachgebieten Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, der gesamten Palette erneuerbarer Energien, der Sanitärtechnik etc. ist enorm facettenreich. Gerade deshalb sind auch die Kooperationsmöglichkeiten äußerst vielfältig. Hier nur drei Beispiele aus meiner Tätigkeit:
- Als Haustechniker habe ich zwar ein Basiswissen der Elektro- und der Regelungstechnik, aber eben kein vertieftes Spezialisten-Wissen. Für die Beurteilung auftretender Fragen aus den genannten Gebieten benötige ich also einen kompetenten Partner.
- Komplexe Probleme rund um eine großflächige Fußbodenheizung erfordern neben dem Sachverständigen für Haustechnik weitere Sachverständige für Estriche, für Wärmedämmungen, für Holzböden, für Fliesenbeläge und für in Mitleidenschaft gezogene Maler- und Anstreicherarbeiten.
- Die Installation einer Abwasser-Hebeanlage in einem vor Ort betonierten Schacht benötigt neben dem haustechnischen einen elektrotechnischen Sachverständigen und einen Fachmann für Kanalbau.
Das sind nur einige Beispiele von vielen, die eine enge und gut abgestimmte Kooperation von Sachverständigen erfordern.
Nur echte Experten sind gefragt
Nun stellen sich die Fragen: Was macht einen Sachverständigen zu einem gesuchten Kooperationspartner? Welche Eigenschaften sind gefragt? Welches Verhalten wird erwartet? Die Antworten fallen leicht, zum Teil finden sie sich auch schon in einem vorhergehenden Artikel über Netzwerke.
Als zusätzliche Leitlinie sei hier das FEST-Kompetenzmodell herangezogen, an der sich die Attraktivität von Kooperationspartnern quasi messen lässt. Jede dieser Kompetenzkategorien sei kurz stichwortartig erläutert:
Fachkompetenz: Exzellentes Fachwissen auf letztem Stand auch durch ständige Fortbildung, Wissen um Wissensquellen, langjährige Berufserfahrung, beste berufliche Referenzen, Fähigkeit zur Vermittlung komplexer Sachverhalte auf verständliche Weise.
Ethische Kompetenz: Korrektheit, Integrität, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Rechenschaft, Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, Handschlagqualität.
Soziale Kompetenz: Kommunikation, Offenheit, Zuhören können, Teamfähigkeit und Führungsfähigkeit, Partnerschaft, Kooperationsbereitschaft.
Tätigkeitsbezogene Kompetenz: Management, Umsetzung, Durchsetzung, Effizienz, Effektivität.
Sachverständige, die attraktiv für Kooperationen sein wollen, sollten ein möglichst hohes Maß dieser vier Kompetenzen besitzen!
Fazit und Ausblick
Die Aufgabenstellungen an Sachverständige werden in Zukunft zunehmend komplexer werden. Das noch dazu bei höherer Dynamik – anders gesagt: es muss schneller gehen. Die effiziente Kooperation von Sachverständigen wird in ständig steigendem Maß nötig und daher gefragt sein. Die geforderten Fähigkeiten beschränken sich schon lange nicht mehr auf das rein Fachliche, sondern gefragt ist in zunehmendem Maß „das Persönliche“, also alles, was zwischenmenschliche Reibungsverluste vermeiden oder wenigstens vermindern hilft. Letztlich werden jene im Vorteil sein, die in allen Kompetenzfeldern höchste Ansprüche stellen, natürlich an die Kooperationspartner, zuallererst und vor allem aber an sich selber!