„Wie nehmen mir ihm denn?“ lautet die film-legendäre Frage von Hans Moser als Dienstmann an seinen Kollegen, als sie beide einen unglaublich schweren Koffer über eine Treppe nach oben transportieren sollen. Eine Aufgabe rasch und effizient zu lösen war für den Dienstmann ein Problem der Körperkraft. Für den Dienstleister von heute ist es wohl eher eines der Geisteskraft. Aber auch ihm stellt angesichts der neuen Herausforderung eines scheinbar schwierigen Projekts und einer komplexen Aufgabe sehr oft eine ähnliche Frage: Wie (auf welche Art), wo (an welcher Stelle) und womit (mit welchem Werkzeug) anpacken?
Welche Arbeitsphase wie gewichten?
Der Beginn sagt schon sehr viel darüber aus, wie wir mit der Aufgabe als Ganzes umgehen: voll drauflos und mitten hinein oder zurückhaltend und überlegend? Nehmen wir einmal vereinfacht an, ein Planungsprojekt hätte drei Phasen: eine Vorbereitung, eine Durchführung und einen Abschluss in Form einer Umsetzungsbegleitung. Alle drei Phasen haben ihre Wichtigkeit in dem Sinn, dass auf keine verzichtet werden kann. Würden wir aber jeder Phase auch gleiches Gewicht oder gleichen Arbeitsaufwand zuteilen? Wenn nein, auf welche der drei Phasen würden wir unser besonderes Augenmerk richten?
Produktivität im Auge behalten
Ich neige von Natur aus eher zu „Äktschn“, will also ohne viel Vorbereitung wie ein Cowboy gleich ins Projekt hinein galoppieren, mal schauen, was da in der Durchführung so los ist und mich dort umtun. Wenn nötig muss ich wieder zurück an den Start, etwa weil Informationen fehlen, dann wieder umdrehen, nochmals hinein in die Durchführung und wenn nötig das Ganze wieder von vorne etc. Vor vielen Jahren habe ich aber erkennen müssen, dass ein so gestaltetes Projekt nicht nur bisweilen eher unliebsame und an sich vermeidbare Fehler aufweist, sondern wegen der unproduktiven Hin-und-her-Reiterei auch noch schrecklich teuer kommen kann.
Der Saurier muss weg …
Die Konzentration des Arbeitseinsatzes auf die Phase der Durchführung in Projekten – so zum Beispiel im Fall eines Gutachtensauftrages – ist aber meiner Ansicht nach leider noch weit verbreitet. Frühes Losschießen mit Durchführung einer komplexen Arbeit ohne ausreichende Vorbereitung und mit oftmaligen Unterbrechungen zur Beschaffung von Unterlagen, Abhaltung von ergänzenden Rücksprachen etc. ist pures Gift für die Arbeitseffizienz. Diesen vorschnellen Fixierungsreflex auf die Durchführung ohne ausreichend intensive Vorbereitung nennen wir hier wegen des charakteristischen Buckels des Arbeitsaufwandes in der mittleren Projektphase den „Saurier“ – ein solcher ist bekanntlich nicht mehr zeitgemäß und muss schleunigst weg.
… und der Delfin muss her!
Ganz anders sieht die Kurve der Arbeitsintensität beim „Delfin“ aus: er konzentriert sich auf die Vorbereitung und hat seinen dynamischen Buckel in dieser Phase, kann hier seine Annahmen überprüfen, alle Eventualitäten durchspielen, seine weitere Vorgangsweise überlegen und er schreitet erst dann zur Durchführung (zum Beispiel zum Schreiben seines Gutachtens), wenn alle Informationen vorliegen und er bereits ein klares Bild von der Struktur und dem Ergebnis seiner Arbeit hat. Ich gebe zu, dass diese Art zu arbeiten ein gerüttelt Maß an Disziplin erfordert, überhaupt dann, wenn man – wie in der Regel die meisten Techniker – ziel- und vor allem lösungsorientiertes Arbeiten gewohnt ist und sich schwer tut, das „Pferd“ des Erkundungs- und Arbeitseifers so lange im Zaum zu halten, bis die Zeit zur Durchführung reif ist. Aber: Die höhere Effizienz, der verminderte Arbeitsaufwand und damit die niedrigeren Kosten werden uns den höheren und scheinbar unangenehmen Einsatz an Disziplin rasch vergessen lassen!
Der Delfin bringt Zusatznutzen für alle Beteiligten
Das Innehalten vor Beginn der Arbeiten durch gewissenhafte Vorbereitung hat weitere Vorteile für ein Projekt, die sich zum Nutzen aller Beteiligten auswirken können:
- erstens ermöglicht es ein nochmaliges Überdenken der Kundenwünsche auf die bekannten Anforderungen hin, vor allem aber können die nicht direkt artikulierten Erwartungen besser erkundet und damit berücksichtigt werden, was sich die Kundenzufriedenheit positiv beeinflusst,
- zweitens können im Vorfeld Strukturen, Organisation und Ablauf des Projekts noch ohne Belastung mit sich allmählich ergebenden Details der Projektentfaltung erstellt und jene kritischen Elemente identifiziert werden, die später besondere Aufmerksamkeit benötigen und
- drittens bringt die detaillierte Vorbereitung dem Dienstleister Souveränität im weiteren Projektverlauf und leichtere Reaktionsmöglichkeit auf nicht beeinflussbare Abweichungen und unvorhersehbare Änderungen, die sich gegebenenfalls erst im Laufe der Arbeit ergeben können.
Somit genug Gründe, den Saurier endgültig zu verabschieden und den Delfin zu reiten…