Sie haben richtig gelesen, Probleme lassen sich mit Zuhörern lösen, ohne dass diese einen aktiven Beitrag dazu leisten. Ob das wirklich funktioniert? Ja doch, ich hab‘ es selber wiederholt aktiv ausprobiert, oft genug passiv erlebt und kann bestätigen, dass es wirkt. Es ist so: Wer sein Problem und seine Lösungsversuche verbal halbwegs gut artikulieren kann und dann noch einen passenden Partner findet, der ihm dabei zuhört, kann einer Lösung schon ein ganzes Stück näher kommen. Eine klare Rollenverteilung zwischen Redner und Zuhörer also, wobei aber die Herausforderung eindeutig bei letzterem liegt …
… denn insbesondere wir Techniker tun uns oft schwer, ruhig zu bleiben und zuzuhören. Eher neigen wir zu postwendenden Ratschlägen, auch wenn das Problem noch gar nicht vollständig ausgebreitet ist.
Schweigen (des Zuhörers) ist manchmal wirklich Gold wert
„Ich hab‘ jetzt die Lösung gefunden und weiß, was ich tun werde. Danke, bis bald.“ Nach exakt dreiundfünfzig Minuten und einundfünfzig Sekunden macht es am anderen Ende der Leitung „klick“ und mein Kollege hat aufgelegt. Währenddessen hab ich ihn bloß mit zwei oder drei kurzen Verständnisfragen unterbrochen, ihm ansonsten nur zugehört, begleitet von gelegentlichen „mhm“ und „aha“. Und mein Kollege hat soeben eine Lösung für eine Sache gefunden, an der er offenbar schon geraume Zeit zu knabbern hatte. Was ist da geschehen?
Reden gibt Klarheit
Beim Reden kommen nicht nur wie man so sagt „die Leut‘ z’samm“, sondern es hilft dabei, aus einem ungeordneten Ziegelhaufen von Gedanken eine Denkstruktur zu errichten. Im Gespräch werden mögliche Aspekte ausgebreitet und verglichen, Rahmenbedingungen in Erinnerung gerufen, Sinnfragen gestellt und Annahmen hinterfragt. Mehr oder weniger schnell wird so nebenbei geordnet, aussortiert, neu bewertet, verworfen und akzeptiert. Gegen Ende zeichnen sich Prioritäten ab, Handlungsoptionen und Spielräume, eine klare Linie beginnt sich zu entwickeln. Hoffnung und Zuversicht keimen auf, dass die Sache erfolgreich unter Kontrolle gebracht werden kann.
Positive Grundeinstellung
Es gibt natürlich einige Bedingungen, dass derartige Gespräche einerseits überhaupt möglich werden und andererseits positiv verlaufen. Grundvoraussetzung ist natürlich, dass sich beide Gesprächspartner gut kennen und verstehen. Des Weiteren, dass die Angesprochenen die Sache wichtig genug erachten und sich daher auch ausreichend Zeit und Gelassenheit nehmen, wirklich zuzuhören. Schließlich von beiden Seiten eine positive Einstellung zum Problem selbst, durch die auch der Zuhörer der Sache Interesse entgegen bringen kann. Denn Achtung: Kein Zuhörer will lediglich als Klagemauer dienen, an der aufgestauter Sorgenschrott deponiert werden soll.
Eine gute Beziehung ist Voraussetzung
Worauf es ankommt: Eine Problemlösung auf die geschilderte Art ist nur in einer guten beruflichen und durchaus freundschaftlichen Beziehung möglich. Eine solche basiert auf gegenseitiger Wertschätzung und ruht in gegenseitigem Vertrauen, das über ausreichende Zeit gewachsen ist. Wir brauchen solche soliden Beziehungen auch und gerade in einer hektischen Atmosphäre, wie sie in der Geschäftswelt sehr oft gegeben ist. Verbunden mit der Kühnheit, Probleme ansprechen zu können, aber eben auch mit der Gabe des Zuhören-Könnens. Damit sich viele Probleme beim Zuhören fast von selber lösen.