Dringender Anruf mit leicht verzweifeltem Unterton: „Wir haben Probleme mit dem Installateur, unsere Wärmepumpenanlage funktioniert nicht. Ich brauche schnell ein Gutachten, machen Sie so etwas? Und was kostet das?“ Freundliche Rückfrage: „Worum geht es denn genau? Ich bin zwar Sachverständiger und kann gerne ein Gutachten machen, wenn Ihr Problem mein Fachgebiet betrifft. Aber vielleicht brauchen Sie gar keins, sondern einfach nur Hilfestellung, weil es vermutlich im Endeffekt darum geht, dass die Anlage funktionieren soll.“ Zustimmung am anderen Ende der Leitung. Telefonate wie diese sind recht häufig …
… und erfordern seitens des Sachverständigen zumeist einige Erklärungen im Hinblick auf seine Rolle, da sich insbesondere Privatpersonen über die Aufgaben und Möglichkeiten eines Sachverständigen oft nicht im Klaren sind. Daher sollen hier einige Erläuterungen darüber folgen, was ein Sachverständiger kann oder nicht kann, wozu er da ist und wozu nicht.
Die Aufgaben eines Sachverständigen
Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige ist als Gutachter an seinen Eid gebunden, egal für wen er arbeitet. Seine Aufgabe besteht darin, Fragen zu beantworten auf Grundlage seines Fachwissens und seiner Erfahrung. Dazu muss er einen ihm geschilderten Sachverhalt erfassen und so umfassend aufbereiten, dass er die ihm gestellten Fragen beantworten und auch genau begründen kann. Dazu muss er sich in Wort und Schrift einer Sprache bedienen, die nicht auf Fachkollegen ausgerichtet ist, sondern auf fachliche Laien.
Der Sachverständige als Privatgutachter
Die Standesregeln verpflichten den Sachverständigen zu Objektivität und Unparteilichkeit, egal ob er für ein Gericht tätig ist, für eine Gebietskörperschaft oder für Privatpersonen. Demnach kann ein Gutachten, das von einer Privatperson beauftragt wird, durchaus auch das Gegenteil dessen ergeben, was sich der Auftraggeber eigentlich erwartet hätte. Der Sachverständige ist in jedem Fall allein dem Gesetz, seinem Wissen und seinem Gewissen verpflichtet, die materielle Wahrheit darzustellen. Auf Befindlichkeiten des Auftraggebers hat er keine Rücksicht zu nehmen.
Gefälligkeitsgutachten sind verwerflich und können strafbar sein
Ein Gefälligkeitsgutachten ist nach der Definition in Wikipedia „eine rechtlich nicht klar definierte Bezeichnung für ein Gutachten, welches sich nicht an der sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert, sondern am mutmaßlichen Interesse eines Auftraggebers oder einer sonst begünstigten Partei.“ Wenn ein Sachverständiger Gefälligkeitsgutachten erstellt, kann er sich strafbar machen, wobei hier nicht auf weitere Details eingegangen werden soll. Ein „Gefälligkeitsgutachter“ verlässt seine Integrität, riskiert den Verlust seines Ansehens und spielt mit seiner beruflichen Zukunft.
Kann ein Sachverständiger im alleinigen Interesse eines Auftraggebers tätig sein?
Natürlich kann ein Sachverständiger im alleinigen Interesse eines Auftraggebers tätig sein. Die Literatur zum Sachverständigenwesen spricht dann von seiner Tätigkeit als der eines Beraters. Der Sachverständige hat sich dann aber klar als Berater zu deklarieren und darf in dieser Rolle – zumindest aus meiner Sicht – für seinen Klienten keine Gutachten als Sachverständiger erstellen. Seinem Klienten kann er aber sein Wissen zur Verfügung stellen und ihm etwa bei der Durchsetzung seines Standpunktes behilflich sein.
Die Rolle als Schlichter oder Mediator
Eine der schönsten Facetten der Sachverständigentätigkeit besteht darin, dass man Menschen helfen kann, Meinungsverschiedenheiten oder handfesten Streit beizulegen. Außergerichtliche Lösungen sind erfahrungsgemäß dann gut zu erzielen, wenn der Schwerpunkt der Auseinandersetzung stark im rein technisch-kommerziellen Bereich liegt, wenn noch wenig Porzellan zertrümmert worden ist und die Parteien eine gemeinsame Gesprächsbasis noch nicht verlassen haben.
Und was mach‘ ma jetzt?
Im Fall unseres Telefonanrufes kann eine Lösung so aussehen, dass der Sachverständige einerseits die Ansprüche und Erwartungen der Eigenheimbesitzer auf ein berechtigtes Maß reduziert und andererseits den Installateur klar mit seinen vertraglichen Verpflichtungen, dem Stand der Technik und den anzuwendenden Regeln der Technik konfrontiert und es so zu einer guten und einvernehmlichen Lösung kommt.
Kosten nicht vergessen!
Was aber nicht übersehen werden darf: das Einschreiten des Sachverständigen verursacht dem Auftraggeber Kosten, die meist am Anfang eines Auftrages für den Sachverständigen nicht genau voraussagbar sind. Empfehlenswert ist es, für die entstehenden Kosten vorab einen Rahmen festzulegen, den der Sachverständige versuchen wird, einzuhalten. Ist dies nicht möglich, kann er rechtzeitig warnen.