So etwas fällt in die Kategorie „Unangenehmes“: Sie drehen die Wasserleitung auf und statt klaren Trinkwassers fließt bräunlich-trübe Suppe. Erst nach einiger Zeit kommt sauberes Wasser nach. Und das unlängst beobachtet in einem schönen Mehrfamilienhaus für gehobene Ansprüche, erst vor zehn Jahren bezogen und in sehr gepflegtem Zustand. Das gesamte Haus mit allen Wohnungen und insbesondere die Warmwasserleitung davon betroffen. Die Verfärbung ist in den letzten Jahren zunehmend aufgetreten und hat in der letzten Zeit ein richtig ärgerliches Ausmaß erreicht. Was ist da los?
Innenkorrosion von verzinkten Stahlrohren
Aus manchen ganz alten Gebäuden mit dementsprechend betagten Installationen kennt man das Farbphänomen, sehr selten aber aus neueren. Die Ursache für das braune Leitungswasser liegt in Korrosionsprozessen in verzinkten Stahlrohren. Aus bestimmten Gründen wird die Zinkschicht, die das Stahlrohr schützen soll, abgebaut oder zerstört, so dass der jetzt ungeschützte Stahl durch den im Trinkwasser gelösten Sauerstoff angegriffen wird. Die gelösten Stahlpartikel treten dann als Rostwasser in Erscheinung, insbesondere dann, wenn die Leitung einige Zeit (einige Tage, oft auch nur einige Stunden) nicht mehr benützt worden war.
Warum tritt hier Korrosion besonders in den Warmwasserleitungen auf?
Im gegenständlichen Wohnobjekt wurden solche verzinkten Stahlrohre für Kalt- und Warmwasserleitungen verwendet. Das Leitungswasser aus dem Ortsnetz hat mittelharten Charakter und daher vereinfacht gesagt einen höheren Kalkanteil. Die Warmwasserbereitung erfolgt in den Wohnungen dezentral über Elektrospeicher (Elektroboiler).
Dass die Verfärbungen besonders in den Warmwasserleitungen auftreten, hat seinen Grund darin, dass bei Erhitzung des Wassers in den Boilern etwa auf 60°C Kalk ausfällt, wodurch das Wasser sein chemisches Gleichgewicht verliert und gegenüber den Stahlrohren aggressiv wird. Unter Kalkablagerungen in den Leitungen kommt es zu chemischer Korrosion, die die Zinkschicht abbaut, den Stahl angreift, was zum Rostwasser führt und letztlich auch die Leitungen so weit zerstören kann, dass Undichtheiten und Wasserrohrbrüche auftreten können.
Dazu kommt noch, dass bei Wassertemperaturen deutlich über 60°C die Zinkschicht nicht mehr stabil ist und sich abzulösen beginnt, was den Korrosionsangriff ebenfalls beschleunigt. Aus diesem Grund enthalten neuere Normen, die sich mit Trinkwasserhygiene befassen, die Empfehlung, verzinkte Stahlrohre in Warmwasserleitungen nicht zu verwenden.
Können auch Kaltwasserleitungen betroffen sein?
Ja, und zwar dann, wenn Ablagerungen in diesen Leitungen vorhanden sind, etwa durch nach der Installation verbliebene Metallspäne, wenn die Leitungen vor Inbetriebnahme nicht ausreichend gespült worden sind oder durch später im Betrieb eingeschleppte Verschmutzungen. Diese Ablagerungen sind hauptsächlich in waagrechten Rohren zu finden und besonders in eher wenig genutzten Leitungen. Unter den Ablagerungen bilden sich wieder Korrosionsherde, die die Zinkschicht zerstören, wodurch es zu Punktkorrosion und „Lochfraß“ kommen kann, der sich in allmählichen örtlichen Undichtheiten der Leitung bemerkbar machen kann. Auch beim gegenständlichen Objekt war es in einer Kaltwasserleitung schon sieben Jahre nach Bezug zur ersten Undichtheit gekommen.
Was kann man gegen diese Korrosion tun?
Wenn schon ein Korrosionsangriff wie im hier beschriebenen Fall vorliegt, werden sofortige Schutzmaßnahmen erforderlich, die ein weiteres Fortschreiten der Korrosion verhindern und den Aufbau einer Schutzschicht über den angegriffenen Rohrabschnitten ermöglichen. Das geschieht durch Zusetzen von für den menschlichen Organismus unbedenklichen Chemikalien in den gemeinsamen Kaltwasseranschluss des Wohnhauses. Außerdem müssen die Temperaturen der Warmwasserbereiter auf höchstens 60°C begrenzt werden.
Neue Werkstoffe als Stand der Technik
In zahlreichen Objekten sind verzinkte Rohrleitungen nach wie vor im Einsatz, durchaus ohne Probleme. Seit über einem Vierteljahrhundert sind aber zunehmend korrosionsbeständige Wasserleitungsrohre aus Kunststoff, seit vielen Jahren auch aus Mehrschicht-Verbundwerkstoffen oder auch aus beständigen metallischen Werkstoffen auf dem Markt, die generell Korrosionsfreiheit erwarten lassen und heute den Stand der Technik in der Ausführung von Trinkwasserleitungen darstellen. Bei Verwendung dieser bereits bewährten Materialien wird das Phänomen des „Rostwassers“ jedenfalls der Vergangenheit angehören …
November 19th, 2024 - 14:24
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